08.11.2025

Das vergessene Rezept aus Omas Buch: Eier in Senfsauce – und wie mein Mann plötzlich zum Fan von Hausmannskost wurde

Manchmal sind die schönsten Entdeckungen die, die man gar nicht gesucht hat.
So war es auch an diesem verregneten Sonntagnachmittag, als ich in unserer kleinen Küche stand, das Radio leise im Hintergrund lief und ich eigentlich nur den Schrank aufräumen wollte. Es war einer dieser Tage, an denen man einfach alles Mögliche anfasst, nur um sich nicht zu langweilen. Der Himmel war grau, mein Mann döste auf dem Sofa, und ich hatte plötzlich Lust, ein Stück Vergangenheit wiederzufinden – ohne genau zu wissen, was das bedeuten sollte.

Ich öffnete eine alte Holzschublade, die schon seit Jahren kaum benutzt wurde. Darin lagen vergessene Kochlöffel, alte Messbecher, ein paar vergilbte Rezeptzettel – und da, zwischen einem Stapel alter Zeitungsausschnitte, fand ich Omas altes Kochbuch.
Ein echtes Relikt. Der Einband war abgegriffen, das Papier roch nach Staub und Butter, und die Seiten klebten aneinander, als wären sie schon hundertmal mit Mehl bestäubt worden.

Ich blätterte durch die vergilbten Seiten, und da war sie – diese Schrift, die ich sofort wiedererkannte. Altmodisch, leicht schief, mit Tinte geschrieben:

„Eier in Senfsauce – einfach, nahrhaft und immer ein Genuss.“

Ich musste lächeln. Ich konnte mir richtig vorstellen, wie meine Oma am Herd stand, das Kopftuch umgebunden, mit ihrer typischen Ruhe. In meiner Kindheit hatte sie dieses Gericht oft gemacht. Es war nie etwas Besonderes, kein Sonntagsbraten, kein Festessen. Aber es war eines dieser Gerichte, die nach Zuhause schmecken. Nach Wärme, nach Geborgenheit.

Und genau das wollte ich an diesem Tag. Etwas, das den Regen vergessen lässt und das Herz wärmt.

🥔 Der Duft der Erinnerung – oder wie alles begann

Ich nahm das Buch mit an den Küchentisch, setzte mich mit einer Tasse Kaffee hin und las das Rezept. Es war so einfach, dass es fast lächerlich wirkte. Kartoffeln, Eier, Senf, Milch, Butter, Zwiebeln. Keine exotischen Gewürze, keine komplizierten Schritte – einfach ehrliche Hausmannskost.

Ich erinnerte mich plötzlich, wie meine Oma immer gesagt hatte:

„Ein gutes Essen braucht keine hundert Zutaten – nur Liebe und Geduld.“

Also beschloss ich, es zu wagen.

Ich schrieb die Zutaten auf einen kleinen Zettel, band mir die Schürze um und fing an. 750 Gramm festkochende Kartoffeln, schälte und viertelte sie, ließ sie in Salzwasser leise köcheln. Der Dampf stieg auf und beschlug das Küchenfenster, draußen klopften Regentropfen ans Glas – und ich fühlte mich, als wäre ich wieder zehn Jahre alt.

In der Zwischenzeit schälte ich eine Zwiebel, hackte sie fein. Schon beim Schneiden stieg dieser vertraute Duft auf – scharf und süß zugleich. Ich schmolz Butter in einem Topf, hörte das leise Zischen, als die Zwiebeln hineinfielen, und rührte, bis sie glasig wurden.

Dann kam der Moment, den ich liebe: Ich streute einen Esslöffel Mehl hinein.
Das ist so ein Moment, in dem Küche fast wie Magie ist. Plötzlich riecht alles warm, nussig, nach Geborgenheit. Ich goss langsam Milch und Gemüsebrühe dazu, rührte mit dem Schneebesen, und die Sauce begann, dicker zu werden – sanft, cremig, goldgelb.

Ich dachte an Oma. Sie hätte in diesem Moment gesagt:

„Nicht zu schnell rühren, Kind – die Sauce muss atmen.“

Also ließ ich sie leise vor sich hin köcheln, zehn Minuten lang. Ich konnte kaum glauben, wie dieser einfache Geruch – Butter, Zwiebeln, Milch – so viel Erinnerung hervorrufen konnte.

🥚 Eier, die Liebe brauchen

Während die Sauce sanft blubberte, setzte ich einen kleinen Topf mit Wasser auf. Ich nahm acht Eier, legte sie vorsichtig hinein.
Ich habe immer Angst, dass sie platzen – wie kleine Geheimnisse, die zu früh verraten werden. Also blieb ich daneben stehen, sah den Blasen zu, wie sie an den Eiern aufstiegen, und zählte die Minuten.

Acht Minuten – das ist laut Oma perfekt. Nicht zu weich, nicht zu hart.
Und tatsächlich, als ich sie abschreckte und vorsichtig pellte, waren sie goldrichtig: Das Eigelb cremig, das Weiß zart.

Ich legte sie beiseite, deckte sie mit einem Tuch ab, damit sie warm blieben, und widmete mich wieder der Sauce.

🌿 Das Geheimnis liegt im Senf

Jetzt kam der wichtigste Teil – der Senf. Ich nahm zwei großzügige Esslöffel mittelscharfen Senf und rührte ihn in die Sauce. Sofort veränderte sich der Duft – kräftiger, würziger, irgendwie „ehrlich“. Ich liebe diesen Moment.

Dann kamen Kapern dazu – nur ein Löffel, aber sie geben der Sauce etwas ganz Besonderes.
Ein Spritzer Zitronensaft, eine Prise Zucker, frische Kräuter – Petersilie, Dill, Schnittlauch. Und plötzlich war da dieser Geschmack, den ich seit Jahren vergessen hatte.

Ich probierte vorsichtig.
Und da war sie – die Vergangenheit, in einem Löffel.

❤️ Als mein Mann hereinkam

Gerade als ich den Tisch deckte, kam mein Mann in die Küche. Der Duft hatte ihn wohl geweckt.
„Was riecht denn hier so gut?“ fragte er und schnupperte.
„Ein altes Rezept aus Omas Buch“, sagte ich lächelnd. „Eier in Senfsauce.“

Er zog eine Augenbraue hoch. „Klingt… naja, altmodisch.“
Ich grinste. „Warte ab.“

Ich servierte die Kartoffeln, legte die halbierten Eier darauf, übergoss sie mit der goldgelben Sauce, streute Kräuter drüber. Es sah aus wie ein Stück Kindheit auf einem Teller.

Er nahm den ersten Bissen – und schwieg.

Das ist bei ihm immer ein gutes Zeichen. Nach einer Weile legte er die Gabel hin und sagte:
„Das ist… wow. Das ist so simpel, aber so gut. Warum haben wir das nie früher gemacht?“