Ich weiß gar nicht mehr genau, wann ich dieses Rezept das erste Mal selbst gemacht habe, aber ich weiß noch genau, wie es damals in der Küche meiner Oma gerochen hat. Es war dieser ganz besondere Duft – von gebratenen Kartoffeln, von Butter, Knoblauch, ein bisschen Zwiebel und dem saftigen Hähnchen, das im Ofen langsam vor sich hin bräunte. Ich erinnere mich noch, wie ich als Kind auf dem alten Holzstuhl gesessen habe, die Beine baumelnd, und zugesehen habe, wie meine Oma mit ruhiger Hand die Kartoffeln schälte, in Stücke schnitt und sie in eine große weiße Auflaufform legte. Sie hatte immer so eine Ruhe in sich, nichts war gehetzt. „Essen darf nie unter Stress entstehen“, hat sie gesagt. Und das habe ich mir irgendwie gemerkt, auch wenn ich es damals als Kind gar nicht so richtig verstanden habe. Heute, wenn ich selbst in meiner Küche stehe, denke ich so oft an diese Worte.
Ich lebe jetzt seit über zwanzig Jahren in demselben Haus am Dorfrand, mit Blick auf die Felder, und jedes Mal, wenn ich sonntags koche, kommt mir diese Erinnerung zurück. Es ist fast schon wie ein Ritual geworden. Ich mache mir eine Schürze um, stelle die alte Keramikschale hin, die ich von meiner Oma geerbt habe, und fange an, die Kartoffeln zu waschen. Ich liebe diesen Moment, wenn man das frische Gemüse in den Händen hat – nichts Industrielles, einfach ehrliche Zutaten. Ich kaufe meine Kartoffeln immer beim Bauern nebenan, er hat so eine Sorte, die perfekt ist zum Braten, schön festkochend und leicht buttrig im Geschmack. „Du brauchst keine teuren Sachen“, hat Oma immer gesagt, „nur Liebe und Geduld.“ Und irgendwie hat sie recht behalten.
Also, wenn ich dieses Gericht mache – Hähnchenschenkel mit Kartoffeln im Ofen – dann mache ich es genau so, wie sie es mir gezeigt hat. Ohne Schnickschnack, ohne große Kochkunst, einfach ehrlich. Ich nehme etwa ein Kilo kleine Kartoffeln, wasche sie gründlich und halbiere sie. Die Schale bleibt dran, denn da steckt so viel Geschmack drin. Dann kommen sie in eine große Schüssel. Dazu gebe ich gutes Olivenöl, ein bisschen Butter (ja, ich nehme beides, weil Butter diesen warmen Geschmack gibt, den Öl allein nie schafft), Salz, Pfeffer, Paprikapulver, ein bisschen Thymian und Rosmarin. Ich schneide zwei Zwiebeln in grobe Stücke, wer mag, kann auch Knoblauchzehen dazugeben – ich nehme meistens drei oder vier, weil ich Knoblauch liebe. Alles wird gut vermengt, sodass die Kartoffeln schön glänzen.
Dann kommen die Hähnchenschenkel dazu. Ich wasche sie kurz ab, tupfe sie trocken und reibe sie mit Salz, Pfeffer und einer Mischung aus Paprika und etwas Zitronensaft ein. Manchmal gebe ich auch einen Schuss Honig dazu, wenn ich Lust auf etwas Süßliches habe. Das hat meine Oma nie gemacht – sie war puristisch –, aber ich finde, das gibt so eine feine Note. Dann lege ich die Schenkel zwischen die Kartoffeln, alles in eine große Auflaufform, und übergieße es mit einem kleinen Schuss Hühnerbrühe. Nicht zu viel, nur damit der Boden leicht bedeckt ist. Dann kommt das Ganze in den Ofen, 190 Grad Umluft, etwa eine Stunde.
Ich sag’s euch: Wenn das im Ofen ist, dann riecht das ganze Haus danach. Meine Katze legt sich meistens genau vor die Küche und schnuppert in die Luft, mein Mann ruft von oben „Was gibt’s?“, und die Kinder schleichen sich irgendwann an, um heimlich in den Ofen zu schauen. Und ich steh da, rühre in der Pfanne, mache vielleicht noch einen kleinen Gurkensalat dazu, und bin einfach zufrieden. Es sind diese einfachen Dinge, die das Leben schön machen. Kein Gourmetgericht, kein Sterne-Essen – einfach was Herzhaftes, Ehrliches.
Ich erinnere mich noch, wie meine Oma das Hähnchen immer im alten gusseisernen Ofen gemacht hat. Da musste man noch Holz nachlegen, und sie wusste genau, wann die Temperatur richtig war, ohne Thermometer, einfach mit Gefühl. Sie hat immer gesagt: „Wenn das Fett in der Pfanne zu singen anfängt, ist es Zeit.“ Und wirklich – sie hatte recht. Das Brutzeln, dieses Geräusch, das einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt – das ist Musik für jeden, der kochen liebt.
Wenn ich dann den Ofen öffne und die heiße Luft mir ins Gesicht schlägt, sehe ich die goldgelben Kartoffeln, das saftige Fleisch, leicht knusprig, und überall diese Kräuter. Ich nehme einen Löffel und schöpfe ein bisschen von der Sauce, die sich unten gesammelt hat – das ist pures Gold. Ich gieße das dann noch ein bisschen über die Kartoffeln, bevor ich alles auf den Tisch stelle.
Manchmal lade ich auch Freunde ein, einfach so, ohne großen Anlass. Ich sag dann: „Kommt vorbei, es gibt Hähnchen mit Kartoffeln.“ Und fast immer sagen sie: „Ach, das hab ich schon ewig nicht gegessen!“ Und dann sitzen wir zusammen, trinken vielleicht ein Glas Wein, lachen, reden über alte Zeiten – und am Ende ist die Auflaufform leer. Immer. Ich weiß nicht, was es ist, aber dieses Gericht hat etwas Beruhigendes. Es ist, als würde man eine Umarmung essen.
Was ich besonders mag: Man kann es vorbereiten. Wenn ich mal viel zu tun hab, mach ich alles am Vormittag fertig – Kartoffeln schneiden, Marinade anrühren, Fleisch würzen – und abends kommt’s einfach in den Ofen. Kein Stress, kein Aufwand. Und während es brät, hat man Zeit, den Tisch zu decken oder einfach mal kurz zu sitzen und durchzuatmen.
Ich mach das Rezept oft, wenn ich weiß, dass mein Mann lange gearbeitet hat. Er ist LKW-Fahrer, und wenn er abends heimkommt, müde und hungrig, dann freut er sich, wenn’s so duftet. Er sagt dann immer: „Das ist wie früher bei meiner Mutter.“ Und das ist, glaub ich, das schönste Kompliment, das man als Frau hören kann. Ich bin überzeugt, dass gutes Essen Erinnerungen wecken kann – an Kindheit, an Familie, an Geborgenheit.
Und vielleicht ist das auch der Grund, warum ich dieses Gericht so liebe. Es erinnert mich an meine Oma, an Sonntage, an das Klappern der Teller, das Lachen in der Küche. Sie hat immer gesagt: „Essen bringt Menschen zusammen.“ Und sie hatte recht. Ich hab’s so oft erlebt – selbst an Tagen, wo man sich gestritten hat oder müde war, wenn der Duft von Bratkartoffeln durch’s Haus zieht, ist plötzlich alles wieder gut.
Ein paar kleine Tipps, die ich im Laufe der Jahre geler
