Es gibt Gerichte, die erinnern einen nicht nur an ein bestimmtes Land oder eine Reise, sondern manchmal auch einfach an ein Gefühl. Türkischer Tomatensalat ist für mich genau so ein Fall. Es ist eigentlich ein ganz einfaches Rezept, man braucht keine besonderen Geräte, keine ausgefallenen Zutaten – aber wenn man es richtig macht, schmeckt’s einfach wie Sommer. Wie Urlaub. Oder wie dieser eine Moment, an dem man draußen im Garten sitzt, alles riecht nach Kräutern und Grill, und man denkt sich: Ja, genau so sollte ein Abend schmecken.
Ich weiß gar nicht mehr genau, wann ich zum ersten Mal so einen Salat gegessen habe. Ich glaube, es war auf einem Grillabend bei Bekannten, da war der Vater Türke, der hat den immer gemacht. So würzig, so frisch – und das Öl, das sich unten sammelt, das will man einfach mit einem Stück Brot auftunken, obwohl man eigentlich gar keinen Hunger mehr hat. Ich hab’s mir damals gar nicht zugetraut, ihn so hinzukriegen wie er, weil ich dachte, da steckt bestimmt irgendein Geheimnis dahinter. Irgendwas, das nur die Mütter aus Izmir oder Istanbul wissen. Aber nein – es ist wie bei vielen echten Klassikern: Es kommt gar nicht so auf’s Rezept an, sondern auf die Liebe, die man beim Schnippeln mitbringt.
Und natürlich auf die Qualität der Zutaten. Reife Tomaten, die wirklich nach Tomate schmecken – nicht diese wässrigen Supermarktdinger, die man manchmal im Winter kriegt. Die Tomate ist der Star in dem Ganzen. Wenn die nix kann, wird’s auch nix. Ich hab’s einmal mit diesen langweiligen Treibhaustomaten probiert – ehrlich, da kannst du noch so viel Petersilie reinhauen, es schmeckt einfach nicht. Also am besten im Sommer machen, oder vom Markt holen, wenn man jemanden kennt, der’s ernst meint mit seinem Gemüse.
Dann Gurke. Auch da: nicht zu wässrig, lieber knackig. Und bitte, ich weiß, jeder macht’s anders, aber ich schäl sie fast nie. Die Schale gibt so ein bisschen Biss, und wenn man sie gut wäscht, stört sie auch niemanden. Zwiebel ist auch wichtig. Da scheiden sich ja die Geister – ich nehm rote Zwiebel, weil die ein bisschen milder ist und schöner aussieht. Meine Schwiegermutter sagt immer, sie nimmt weiße, weil das „authentischer“ ist, aber ehrlich gesagt, die Diskussion führ ich nicht mehr. Soll doch jeder machen, wie er’s mag.
Und dann: Petersilie. Bitte frisch. Ich sag’s immer wieder. Kein getrocknetes Zeug aus dem Glas. Nein. Frische, krause Petersilie, ordentlich gehackt. Ich nehm ein ganzes Bund, und ja, ich weiß, das klingt nach viel, aber genau das gibt dem Ganzen diesen frischen Kick. Und dann kommen wir schon zum Wichtigsten: das Zusammenspiel aus Zitrone, Olivenöl, Salz und Pfeffer. Das ist wie… das Finale. Das, was alles zusammenführt. Der Zitronensaft gibt Säure, das Öl rundet ab, und wenn man’s gut macht, dann braucht man sonst gar nichts mehr.
Übrigens: Ich hab mal versucht, da noch Feta reinzubröseln. War lecker, ja, aber das war dann ein ganz anderes Gericht. Also wenn man wirklich türkischen Tomatensalat machen will – Finger weg von allem, was nicht ins Original gehört. Kein Essig, kein Knoblauch, keine Gewürzmischungen. Einfach: zurückhalten, und das Gemüse für sich sprechen lassen.
Ich hab diesen Salat inzwischen so oft gemacht, dass ich gar nicht mehr abwiege. Ein bisschen nach Gefühl, das klappt meistens besser. Und ehrlich: Wenn man bei diesem Rezept auf zehn Gramm mehr oder weniger achtet, hat man’s vielleicht ein bisschen zu genau genommen. Kochen ist doch kein Matheunterricht. Es ist was Lebendiges.
Und was ich gemerkt hab: Wenn man Kinder hat, muss man sie manchmal ein bisschen an sowas ranführen. Meine wollten früher nix Grünes im Essen – Petersilie war „eklig“. Heute fragen sie: „Gibt’s wieder diesen leckeren Salat?“ Weil sie halt gelernt haben, dass gutes Essen manchmal ganz einfach ist. Man muss nur wissen, was man weglässt.
Ich mach den Salat gerne als Beilage, aber manchmal auch einfach so, mit einem Stück Fladenbrot. Oder einem Stück gebratenem Halloumi. Oder, wenn’s schnell gehen muss, auch einfach nur mit ein paar Oliven und einem Stück Weißkäse. Der geht immer, auch im Winter, wenn man ein bisschen Sommergefühl auf den Teller holen will.
Zutaten:
- 4 reife Tomaten (ca. 600 g)
- 1 Gurke (ca. 250 g)
- 1 rote Zwiebel (ca. 150 g)
- 2 grüne Paprika (ca. 200 g)
- 1 Bund Petersilie (ca. 50 g)
- 1 Zitrone (ca. 100 g)
- 45 ml Olivenöl
- Salz
- Pfeffer
Zubereitung:
Tomaten waschen, vierteln, dann in kleine Würfel schneiden. Gurke waschen, halbieren, in Scheiben schneiden und danach in kleine Stücke. Zwiebel in dünne Ringe schneiden, dann fein würfeln (wer mag, kann sie vorher in kaltem Wasser ziehen lassen, macht sie milder). Die Paprika entkernen, ebenfalls klein schneiden. Petersilie fein hacken. Alles zusammen in eine große Schüssel geben. Die Zitrone halbieren und den Saft direkt drüber pressen. Olivenöl dazu, dann mit Salz und Pfeffer abschmecken. Vorsichtig umrühren, nicht zerdrücken. Frisch servieren – am besten sofort, wenn das Gemüse noch richtig Biss hat.
Man kann’s auch ein paar Stunden durchziehen lassen, aber dann wird’s weicher. Ich find’s frisch am besten. Und wenn was übrig bleibt (was selten passiert), schmeckt’s auch am nächsten Tag noch super – auf geröstetem Brot zum Beispiel. Oder als Topping auf einem Stück Hähnchen oder in einem Wrap.
Am Ende bleibt für mich immer das Gleiche: Es ist ein einfacher Salat, aber er sagt viel. Über Geschmack. Über Herkunft. Und über das, was zählt beim Kochen: frische Zutaten, Zeit zum Schnippeln – und ein bisschen Herz.