20.07.2025

Wie ich das perfekte Gulasch entdeckte – und warum es mich bis heute begleitet

Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber manchmal frage ich mich wirklich, wie viele Rezepte in unseren Küchen einfach „passieren“. So war es auch bei diesem Gulasch – meinem Gulasch. Es ist nicht irgendein Gulasch, und ehrlich gesagt, habe ich lange gebraucht, bis ich es so hinbekommen habe, wie ich es heute koche. Es ist ein bisschen wie in der Liebe: Man muss sich herantasten, ausprobieren, Fehler machen, und irgendwann, wenn alles passt, dann weiß man – jetzt ist es gut.

Mein erster Versuch, Gulasch zu kochen, war – naja, sagen wir es mal vorsichtig – eine kleine Katastrophe. Ich war vielleicht 22, gerade mit meinem Mann zusammengezogen, die Küche noch nicht wirklich mein Revier. Es gab ein Sonderangebot beim Metzger: Rindergulasch, schön mager, und ich dachte mir, „Ach komm, probier’s mal aus.“ Ich hatte keine Ahnung, wie man Gulasch richtig macht. Ich war jung, optimistisch und naiv – und leider auch etwas ungeduldig.
Also: Fleisch in die Pfanne, bisschen anbraten, Zwiebeln rein, Wasser drauf, fertig. So dachte ich jedenfalls. Das Ergebnis? Zäh wie Schuhsohle, die Soße fad, die Zwiebeln halb roh, mein Mann hat sich tapfer durchgekämpft, aber ich hab’s gemerkt – das war nichts. Ich war so enttäuscht, dass ich erstmal lange keinen zweiten Versuch gestartet habe.

Doch dann, ein paar Jahre später – ich glaube, es war an einem verregneten Herbsttag – saß ich mit meiner Nachbarin Gisela zusammen. Wir tranken Kaffee, quatschten über Gott und die Welt, und irgendwann kamen wir auf alte Familienrezepte. Gisela, die ist so eine richtige Küchenfee, erzählte mir von ihrem ungarischen Onkel, der angeblich das beste Gulasch der Welt gekocht hat.
Ich war sofort neugierig: „Gisela, sag mal ehrlich, was ist das Geheimnis?“ Sie lächelte nur, als ob sie mir ein altes Familiengeheimnis anvertrauen würde, und sagte: „Zeit, Liebe – und Zwiebeln, so viele Zwiebeln, wie du denkst, dass es viel zu viel ist. Und dann nochmal die Hälfte oben drauf.“ Ich lachte damals, aber irgendwie blieb mir das im Kopf.
Ein paar Wochen später wagte ich also meinen zweiten Versuch. Ich hatte Zeit – die Kinder waren bei Oma, mein Mann war arbeiten, der Regen prasselte ans Fenster – und ich dachte mir: Jetzt oder nie. Ich holte mir ein schönes Kilo Rindergulasch vom Metzger – ich nehme am liebsten Wadschinken, das ist so schön durchwachsen und bleibt saftig. Dann stand ich da in meiner kleinen Küche und fing an, die Zwiebeln zu schneiden. Und ich meine – wirklich zu schneiden. 800 Gramm, fast ein Kilo, und während mir die Tränen liefen und ich dachte, ich drehe durch, hörte ich Giselas Stimme: „So viele Zwiebeln, wie du denkst, dass es zu viel ist…“ Also machte ich weiter.

Der Knoblauch kam dazu – ich liebe Knoblauch, deswegen nehme ich immer vier Zehen, manchmal auch fünf, je nachdem, wie klein sie sind. Dann der Kümmel – frisch gehackt, das ist so ein kleiner Trick, den mir mal ein alter Wirt aus Bayern verraten hat. Majoran – oh, ich könnte stundenlang über Majoran reden. Ich finde, Majoran macht ein Gulasch erst richtig rund, so ein bisschen wie die warme Decke auf dem Sofa, wenn’s draußen stürmt.
Paprikapulver, natürlich – und zwar nicht irgendeines. Ich kaufe immer ein ungarisches Paprikapulver vom Wochenmarkt, das ist tiefrot und duftet fast süßlich. Wenn du das erste Mal die Dose öffnest, denkst du fast, du bist in Budapest auf dem Markt, zwischen den Paprika-Bergen.
Und dann, das war vielleicht die größte Überraschung, der Schuss Essig. Gisela hatte es mir gesagt, ich war skeptisch, aber – ja, es macht einen Unterschied. Dieser kleine Hauch Säure kitzelt den Geschmack so richtig raus, er gibt dem Gulasch Tiefe.

Also stand ich da, alles vorbereitet, und dann ging’s los. Ich hab das Schmalz in einer großen, alten Pfanne erhitzt – diese Pfanne hab ich übrigens von meiner Oma geerbt, sie ist schwer, aus Gusseisen, und ehrlich gesagt glaube ich, jedes Gulasch schmeckt darin besser. Die Zwiebeln kamen rein, und ich rührte, rührte, rührte. Das war der Moment, wo ich verstanden habe: Geduld ist der Schlüssel. Die Zwiebeln müssen richtig dunkelbraun werden, fast karamellisieren – das dauert locker 30, 40 Minuten. Die Küche roch dabei so unglaublich gut, dass ich fast schon wieder hungrig wurde.
Dann pürierte ich die Zwiebeln – auch das hatte mir Gisela geraten – und rührte Knoblauch, Kümmel, Majoran, Paprika und Essig unter. Ein kleiner Schuss Wasser, und dann ließ ich das Ganze einkochen, so richtig gemütlich vor sich hin blubbern.
Und jetzt kam der spannendste Teil: das Fleisch. Ich gab es in die Pfanne, rührte vorsichtig um, als wollte ich das Fleisch in der Zwiebel-Paprika-Soße zudecken wie ein Baby. Noch ein bisschen Brühe dazu, gerade so viel, dass das Fleisch noch sichtbar bleibt – das ist wichtig, damit es nicht verkocht und wässrig wird. Dann Salz, Pfeffer – und Deckel drauf.
Die nächsten drei Stunden war die Küche mein Reich. Ich hab ab und zu umgerührt, mal ein Stück probiert (ja, ich bin so eine Naschkatze), nachgewürzt, ein bisschen Wasser nachgegossen – aber im Grunde war es wie Meditation. Draußen peitschte der Regen gegen die Scheiben, drinnen summte der Herd, und ich stand da, mit einer Tasse Tee in der Hand, und dachte: So muss es sein.

Als es dann endlich fertig war – die Soße tief dunkelrot, das Fleisch so zart, dass es fast zerfiel – wusste ich, ich hatte mein Gulasch gefunden. Mein Mann kam nach Hause, zog die Schuhe aus, schnupperte und sagte: „Was riecht hier so gut?“ Ich grinste nur, stellte ihm einen Teller hin, und er sagte nach dem ersten Bissen: „Hellen, das ist das beste Gulasch, das ich je gegessen habe.“ Und die Kinder – ja, sogar die Kinder – schaufelten ihre Teller leer.

Seitdem ist dieses Rezept unser Familienklassiker. Ich habe es bestimmt schon zwanzig Mal gemacht, und jedes Mal wird es ein kleines bisschen anders – mal nehme ich mehr Paprika, mal etwas weniger Kümmel, je nachdem, was da ist. Und manchmal, wenn ich Lust habe, röste ich noch etwas Speck mit den Zwiebeln an, oder ich gebe am Ende einen Klecks saure Sahne dazu – das macht es noch cremiger.
Weißt du, was das Schöne ist? Dieses Gulasch ist für mich nicht nur ein Essen. Es ist ein Ritual. Es ist eine Erinnerung an diese verregneten Nachmittage, an das Lachen mit den Kindern, an die Gespräche mit meinem Mann. Es ist ein Beweis dafür, dass gute Dinge Zeit brauchen.
Also, wenn du mal Zeit hast, wenn du dich danach sehnst, etwas richtig Herzhaftes zu kochen – dann probier mein Gulasch. Mach dir keinen Stress, lass es blubbern, schnuppere in die Küche hinein, nimm dir Zeit. Koch mit Liebe, rühre mit Geduld, und iss mit Genuss. Und dann, wenn du am Tisch sitzt und die Teller leer sind, wirst du wissen, was ich meine.

Zutaten – mein Gulasch für 4 hungrige Esser

  • 1 kg Rindergulasch (am liebsten Wadschinken)
  • 800 g Zwiebeln
  • 4 Knoblauchzehen
  • 1 TL Kümmel, gehackt
  • 1 EL Majoran
  • 4 EL ungarisches Paprikapulver (edelsüß)
  • 1 EL Essig (z. B. Apfelessig)
  • 1 TL Tomatenmark
  • Salz, Pfeffer
  • Gutes Öl oder Schmalz
  • Eventuell etwas Brühe

Zubereitung – mein Weg zum perfekten Gulasch

Nimm dir Zeit. Schneide die Zwiebeln grob, das Fleisch in mundgerechte Stücke. Erhitze das Schmalz, röst die Zwiebeln langsam, bis sie richtig dunkelbraun sind. Püriere sie, gib die Gewürze, Essig und etwas Wasser dazu. Lass es einkochen. Dann erst kommt das Fleisch – schmore es in der Soße, gib bei Bedarf Brühe dazu, salze, pfeffere. Lass es 2–3 Stunden köcheln, bis das Fleisch so weich ist, dass du es mit der Gabel zerdrücken kannst.

Und dann – genieße. Mit Familie, mit Freunden, oder einfach für dich allein.