Ich erinnere mich noch sehr genau an den Morgen, an dem alles begann. Es war einer dieser typischen Herbsttage, an denen das Licht schräg durchs Fenster fällt, die Luft noch kühl ist und der Duft von feuchtem Laub in der Küche hängt. Ich stand vor dem Spiegel im Bad und versuchte, die Zahlen auf der kleinen Waage zu erkennen, ohne die Brille aufzusetzen. Verschwommen. Wie immer. Aber an diesem Tag hat mich das mehr gestört als sonst. Ich weiß nicht warum – vielleicht, weil ich die Nacht davor lange gelesen hatte und meine Augen müde waren, oder weil ich innerlich spürte, dass sich etwas ändern musste. Ich war damals schon über fünfzig, hatte den Eindruck, mein Körper reagiert plötzlich empfindlicher auf alles – Licht, Lärm, sogar auf Kaffee. Und irgendwie wollte ich etwas zurückholen – nicht nur die Sehkraft, sondern dieses Gefühl, vital zu sein, Dinge klar zu sehen, innen wie außen.
In einer dieser Nächte, als ich nicht schlafen konnte, scrollte ich durchs Internet, las über Hausmittel, über natürliche Heilrezepte, über Menschen, die mit einfachen Zutaten erstaunliche Veränderungen erlebt hatten. Ich landete auf einem kleinen Blog, irgendwo aus Osteuropa, mit einem Rezept, das mich sofort angesprochen hat: Karotten, Apfel, Tomate und Kurkuma – vier einfache Dinge, die fast jeder im Haus hat. Es klang so schlicht, dass ich zunächst dachte: Das kann doch nichts Besonderes sein. Aber je mehr ich las, desto mehr faszinierte mich die Kombination.
Ich wusste, dass Karotten reich an Beta-Carotin sind – das hatte mir meine Mutter schon früher gesagt. „Iss deine Karotten, sonst bekommst du schlechte Augen“, pflegte sie zu rufen, wenn ich das Gemüse beiseiteschob. Äpfel liebte ich ohnehin, sie waren für mich ein Stück Kindheit, etwas Vertrautes. Tomaten? Ich dachte, sie gehören in Salate, nicht in Getränke. Und Kurkuma – das goldene Gewürz – kannte ich nur aus indischen Rezepten. Es stand tatsächlich seit Monaten unberührt in meinem Gewürzregal.
Am nächsten Morgen beschloss ich, es auszuprobieren. Ich stellte die Zutaten auf den Tisch:
2 mittelgroße Karotten,
1 roter Apfel,
1 reife Tomate,
1 kleines Stück frische Kurkuma-Wurzel (oder ½ Teelöffel Pulver),
und 1 Glas Wasser.
Ich wusch alles gründlich. Während ich die Karotten schälte, erinnerte ich mich an meine Großmutter. Sie hatte immer gesagt: „Wenn du etwas mit Liebe zubereitest, wird es dich auch lieben.“ Also machte ich alles langsam, fast rituell. Der Apfel duftete süß, die Tomate hatte diesen typischen warmen Geruch, der mich an den Sommer erinnert. Ich schnitt alles in Stücke, gab es in den Mixer, fügte das Wasser und die Kurkuma hinzu – und drückte auf Start.
Das Ergebnis war ein intensives orangefarbenes Getränk, dick, fast cremig, mit einem Hauch von Gold. Ich roch daran: leicht erdig, süßlich, ein bisschen scharf. Ich nahm den ersten Schluck – und war überrascht. Es schmeckte besser, als ich erwartet hatte! Frisch, lebendig, ein bisschen wie Sonne im Glas.
Ich begann, dieses Getränk jeden Morgen zu machen. Anfangs einfach, weil es mir schmeckte. Nach einer Woche merkte ich, dass ich weniger müde war. Nach zwei Wochen fiel mir auf, dass ich die Buchstaben in der Zeitung etwas klarer sehen konnte. Vielleicht war es Einbildung, dachte ich. Aber dann erzählte mir meine Nachbarin, dass meine Haut irgendwie „gesünder“ aussah.
Ich begann nachzulesen, warum das so sein könnte. Und je mehr ich las, desto mehr verstand ich: Dieses Getränk war wie eine kleine Vitaminexplosion.
Karotten liefern nicht nur Beta-Carotin, sondern auch Vitamin A, das essenziell für die Netzhaut ist. Äpfel enthalten Quercetin und Pektin – Stoffe, die Entzündungen hemmen und die Blutgefäße schützen. Tomaten sind reich an Lycopin, das ebenfalls die Augen schützt, besonders vor UV-Strahlung. Und Kurkuma – dieses goldene Pulver – enthält Curcumin, einen der stärksten natürlichen Entzündungshemmer überhaupt.
Ich stellte mir vor, wie all diese Stoffe in meinem Körper zusammenarbeiten, wie kleine Helferlein, die müde Zellen reparieren, Ablagerungen lösen und das Blut reinigen. Und vielleicht, dachte ich, geht es gar nicht nur um die Augen. Vielleicht klärt dieses Getränk auch den Blick auf die Welt, wenn man es regelmäßig trinkt.
Es gibt etwas Beruhigendes daran, morgens ein Glas selbstgemachten Saft zu trinken. Kein Kaffee, der einen aufpeitscht, kein Energy-Drink voller Zucker. Nur Natur. Ich begann, diesen Moment zu genießen: Das Geräusch des Mixers, das leise Summen, während die Zutaten sich vermischen, der Geruch, der durch die Küche zieht. Es war, als hätte ich ein kleines Ritual gefunden, das mir gehörte.
Mit der Zeit entwickelte ich meine eigenen Varianten. Manchmal fügte ich ein Stück Ingwer hinzu – das gab dem Ganzen eine angenehme Schärfe. An anderen Tagen etwas Zitronensaft oder Honig, wenn ich Lust auf mehr Frische hatte. Ich merkte, dass ich auf meinen Körper hörte. Wenn ich müde war, nahm ich mehr Kurkuma. Wenn ich Heißhunger hatte, fügte ich mehr Apfel hinzu.
Eines Tages kam meine Schwester zu Besuch. Sie sah das Glas auf meinem Tisch und fragte: „Was ist das denn?“
„Mein Morgentrank“, sagte ich und grinste.
Sie probierte – verzog das Gesicht und lachte: „Schmeckt … gesund!“
Ich lachte mit ihr. Ja, gesund. Aber nach einer Woche schrieb sie mir: „Du, ich glaub, ich seh besser! Meine Brille fühlt sich plötzlich zu stark an.“ Ich musste lachen, aber insgeheim freute mich das. Vielleicht war da doch etwas dran.
Ich erzählte meiner Freundin Helga davon, die seit Jahren über trockene Augen klagte. Sie fing an, den Saft zu trinken, allerdings mit etwas mehr Tomate, weil sie Karotten nicht so mochte. Nach ein paar Wochen schrieb sie mir: „Ich benutze kaum noch Tropfen. Und mein Hautarzt meinte, meine Haut wirkt elastischer.“
Ich begann, kleine Notizen zu führen. Wie viel ich trank, wann ich mich besser fühlte, wann nicht. Ich bemerkte, dass der Saft am besten wirkt, wenn man ihn morgens auf nüchternen Magen trinkt, etwa 20 Minuten vor dem Frühstück. Wenn ich ihn abends trank, war ich manchmal zu wach – ja, so seltsam das klingt, der Saft macht munter.
Mit der Zeit wurde das Getränk fast wie ein Symbol für mich. Für Selbstfürsorge. Für die Idee, dass man nicht aufgeben muss, wenn der Körper älter wird, sondern einfach lernen kann, ihm wieder zuzuhören.
Ich erinnere mich an einen Abend im Frühling, Monate später. Ich saß auf der Terrasse, trank mein Glas und beobachtete den Sonnenuntergang. Alles war in dieses warme Orange getaucht – dieselbe Farbe wie der Saft. Ich dachte: Wie passend. Das Leben gibt uns immer wieder Hinweise, wenn wir genau hinsehen.
Natürlich, ich bin keine Ärztin. Ich weiß, dass man nicht jedes Problem mit einem Saft lösen kann. Aber ich glaube fest daran, dass viele kleine Gewohnheiten zusammengenommen große Veränderungen bringen. Und dieser Saft – mein „goldenes Glas“ – war eine dieser Gewohnheiten.
Einmal habe ich versehentlich zu viel Kurkuma hineingegeben. Der Geschmack war so intensiv, dass ich dachte, ich hätte Curry in den Mixer geschüttet. Aber selbst das war irgendwie charmant – wie das Leben selbst: nicht immer perfekt, aber voller Farbe. Und ja, meine Schneidebretter sind seitdem leicht gelblich – das gehört jetzt dazu.
Ich habe gelernt, Kurkuma zuerst mit etwas warmem Wasser anzurühren, damit es sich besser verteilt. Manchmal gebe ich auch eine Prise schwarzen Pfeffer dazu – das soll die Aufnahme des Curcumins im Körper verbessern. Ein Tipp, den ich von einem Ayurveda-Buch habe, das ich zufällig auf dem Flohmarkt fand.
Eines Morgens rief mich meine Tochter an: „Mama, du klingst so energiegeladen. Was machst du anders?“
Ich lachte. „Ich trinke Orange mit Gold.“
„Bitte?“
„Karotte, Tomate, Apfel, Kurkuma – mein Zaubertrank.“
Sie lachte. „Ich wusste, du bist verrückt. Schick mir das Rezept!“
Heute steht der Saft regelmäßig auch auf ihrem Frühstückstisch. Sie sagt, ihre Kollegen hätten schon gefragt, was das für ein leuchtendes Getränk sei. Und manchmal schickt sie mir Fotos – zwei Gläser nebeneinander, eines für sie, eines für ihren Freund, beide lächelnd.
Ich glaube, das ist das Schönste an solchen Rezepten: Sie verbinden Generationen. Sie sind wie kleine Botschaften, die weitergegeben werden – von Mutter zu Tochter, von Freundin zu Freundin.
Wenn Sie das ausprobieren möchten, hier mein „nicht ganz perfektes, aber geliebtes Rezept“:
Zutaten:
– 2 mittelgroße Karotten (Bio, wenn möglich)
– 1 Apfel (am besten süß-sauer, z. B. Elstar oder Gala)
– 1 reife Tomate
– 1 kleines Stück frische Kurkuma (oder ½ TL Pulver)
– 1 Glas Wasser (200–250 ml)
– optional: 1 TL Honig, ein Spritzer Zitrone, ein Hauch Ingwer
Zubereitung:
Alles gründlich waschen, grob schneiden und in den Mixer geben. Wenn Sie frische Kurkuma verwenden, achten Sie auf Ihre Finger – sie färbt! Dann das Wasser hinzufügen und fein pürieren. Am besten gleich trinken, solange die Vitamine frisch sind.
Ich habe auch experimentiert: Wenn man das Ganze durch ein feines Sieb gibt, bekommt man einen klareren Saft. Ich mag ihn aber lieber dick, fast wie ein Smoothie – da fühlt man jede Faser, jedes Stück Natur.
Im Sommer stelle ich den Saft kurz in den Kühlschrank. An heißen Tagen ist er wie eine Vitaminbombe, die erfrischt und gleichzeitig sättigt. Im Winter trinke ich ihn lauwarm, fast wie eine Suppe, besonders wenn ich merke, dass meine Augen durch die Heizungsluft trocken sind.
Einmal, als ich eine Erkältung bekam, fügte ich zusätzlich etwas Knoblauch und schwarzen Pfeffer hinzu – das Ergebnis war … sagen wir interessant. Aber die Nase war frei, das muss man ihm lassen!
Ich empfehle, das Getränk drei- bis viermal pro Woche zu trinken. Nach einem Monat merkt man schon Veränderungen: klarere Haut, mehr Energie, weniger Müdigkeit. Und das Beste: Es kostet fast nichts. Kein teures Superfood, keine komplizierten Pulver – alles aus der Küche.
Wenn Sie Lust haben, können Sie das Getränk auch variieren:
– mit Sellerie für mehr Entgiftung,
– mit Roter Bete für mehr Eisen,
– oder mit Orange für zusätzliche Frische.
Einmal mischte ich sogar ein wenig Hafermilch hinein – das war wie ein cremiger Kurkuma-Latte, nur mit Gemüse. Mein Mann schüttelte den Kopf, trank – und verlangte Nachschlag.
Heute, Jahre später, gehört das Ritual fest zu meinem Alltag. Ich trinke den Saft, atme tief ein, schaue aus dem Fenster – und sehe klar. Nicht nur im wörtlichen Sinn. Ich sehe, wie wichtig es ist, einfache Dinge zu schätzen.
Wenn Sie also dieses Rezept ausprobieren, denken Sie daran: Es geht nicht nur um Vitamine. Es geht um Achtsamkeit, um einen Moment am Morgen, der nur Ihnen gehört. Vielleicht verändert es Ihr Leben nicht über Nacht – aber es schenkt Ihnen dieses kleine, stille Gefühl, dass Sie etwas Gutes für sich tun. Und manchmal ist das schon alles, was man braucht.
Ich nenne es den Saft für Sehkraft und Gedächtnis.
Denn ja, er hilft auch dem Gedächtnis – nicht, weil er Wunder bewirkt, sondern weil er daran erinnert, wie wichtig es ist, auf sich selbst zu achten.
Und wenn Sie mich fragen, wie ich mich heute fühle?
Ich sehe klarer. Nicht nur mit den Augen. Auch mit dem Herzen.
