Ich weiß gar nicht mehr genau, wann ich das erste Mal Apfelringe mit Joghurt gemacht habe. Vielleicht war es an einem kalten Herbstabend vor vielen Jahren, als die Kinder noch klein waren und ich einfach irgendetwas Warmes, Süßes und Tröstliches auf den Tisch bringen wollte. Oder vielleicht noch früher, bei meiner Mutter in der alten Küche mit dem Kachelofen, wo immer der Geruch von Äpfeln, Zimt und frischem Teig in der Luft lag. Auf jeden Fall ist es eines dieser Rezepte, die mich nie loslassen. Es ist so einfach, dass man fast lacht – und doch so gut, dass man es immer wieder macht. Ich backe sie wirklich fast zweimal pro Woche, manchmal sogar öfter, wenn Besuch kommt oder einfach so, weil das Haus sonst zu still wäre.
Es fängt immer gleich an: Ich gehe in den Keller, wo die Äpfel in Holzkisten liegen, die mein Mann im Herbst aus dem Garten geholt hat. Der Duft von reifen Äpfeln, leicht süß, ein bisschen säuerlich, mischt sich mit dem kühlen Geruch des Kellers, und schon in dem Moment weiß ich, dass ich etwas Schönes daraus machen werde. Ich nehme zwei große, mürbe Äpfel, meistens Boskop oder Elstar, weil die beim Backen so schön weich werden. Dann schäle ich sie, schneide sie in Scheiben, entferne das Kerngehäuse mit einem alten Apfelausstecher, der schon meiner Oma gehörte. Die Scheiben kommen in eine Schüssel, ein Spritzer Zitronensaft drüber, damit sie nicht braun werden. Ich liebe diesen Moment – wenn der frische Zitronenduft den Apfelgeruch trifft, dann riecht das für mich nach Zuhause.
Während die Apfelringe kurz ziehen, bereite ich den Teig vor. 300 Gramm Mehl, eine Prise Salz, zwei Eier, 300 Milliliter Joghurt – ich nehme meistens griechischen, weil der so schön cremig ist. Ich rühre mit einem Holzlöffel, wie ich es schon als Mädchen gemacht habe. Kein Mixer, kein modernes Gerät, nur ich, die Schüssel und das vertraute Geräusch, wenn der Teig langsam glatt wird. Manchmal gebe ich noch ein bisschen Vanillezucker dazu oder eine Messerspitze Zimt, wenn mir danach ist. Der Teig soll dickflüssig sein, aber nicht zäh – so, dass er sich schön um die Apfelringe legt.
Ich erinnere mich noch gut, wie meine Mutter immer sagte: „Mach’s mit Gefühl, Kind. Rezepte sind gut, aber dein Herz muss mitrühren.“ Und genau das tue ich jedes Mal. Vielleicht deshalb schmecken sie immer ein bisschen anders – mal fluffiger, mal knuspriger, mal süßer, mal etwas säuerlicher, je nach Stimmung und Äpfeln.
Dann kommt das Öl. Ich nehme eine tiefe Pfanne, gieße so viel Pflanzenöl hinein, dass die Apfelringe darin schwimmen können. Während es sich langsam erhitzt, fängt das ganze Haus an, nach Sonntag zu riechen. Das ist schwer zu beschreiben, aber dieser Duft – leicht süßlich, warm, vertraut – macht mich jedes Mal glücklich. Ich tauche die Apfelringe einzeln in den Teig, lasse sie kurz abtropfen und lege sie vorsichtig ins heiße Öl. Sofort beginnt es zu zischen, kleine Blasen steigen auf, und die Teigschicht wird in Sekunden goldgelb. Ich wende sie mit einer Gabel, und wenn sie fertig sind, lege ich sie auf Küchenpapier, damit das überschüssige Öl aufgesogen wird.
Die ersten esse ich meistens direkt, noch heiß, obwohl ich mir jedes Mal vornehme zu warten. Aber das geht einfach nicht. Außen knusprig, innen weich, leicht säuerlich vom Apfel, süß vom Teig – das ist purer Genuss. Ich streue Puderzucker drüber, der schmilzt leicht und bildet eine hauchdünne, süße Schicht. Wenn ich dann den ersten Bissen nehme, habe ich das Gefühl, die Zeit bleibt stehen. Ich sehe wieder die alte Küche meiner Oma vor mir, den dampfenden Kaffeetopf, das geblümte Wachstuch auf dem Tisch, den Geruch von Holz und Herbstlaub draußen.
Meine Oma hat solche Apfelringe schon gemacht, lange bevor ich geboren wurde. Sie erzählte immer, dass sie das Rezept von ihrer eigenen Mutter hatte, also von meiner Urgroßmutter, die noch in einer Zeit lebte, in der es keine Supermärkte gab und man alles aus dem machen musste, was man hatte. Äpfel gab es immer. Mehl auch. Eier sowieso. Und Joghurt? Den machte man früher einfach selbst aus Milch, die übrig blieb. Ich liebe diesen Gedanken, dass in diesem kleinen Rezept so viel Geschichte steckt.
Manchmal, wenn ich die Apfelringe backe, höre ich den Regen draußen, wie er auf das Dach prasselt, und denke daran, wie meine Kinder früher immer barfuß in die Küche kamen, sobald sie den Duft rochen. „Mama, machst du wieder Apfelringe?“ Und ich tat immer so, als würde ich es nicht hören, aber natürlich machte ich doppelt so viele. Heute sind sie erwachsen, leben in der Stadt, aber wenn sie zu Besuch kommen, sagen sie als Erstes: „Bitte, Mama, mach Apfelringe.“ Und ich muss lächeln, weil ich weiß, dass das mehr ist als nur ein Essen. Es ist Erinnerung, Geborgenheit, Liebe – in Teig getaucht und in Öl gebacken.
Mein Mann sagt manchmal, ich sei verrückt, weil ich sie so oft mache. Aber er isst sie trotzdem jedes Mal mit Begeisterung. Manchmal nehme ich die Reste – falls es überhaupt welche gibt – und packe sie in eine Dose. Am nächsten Tag sind sie kalt, ein bisschen weicher, aber immer noch köstlich. Ich esse sie dann mit einem Löffel Joghurt oder einem Klecks Marmelade, manchmal auch einfach so, mit den Fingern, während ich am Fenster stehe und in den Garten schaue.
Ich habe einmal versucht, das Rezept zu „modernisieren“. Mit weniger Öl, im Airfryer, oder mit Dinkelmehl statt Weizen. Es war gut – aber nicht dasselbe. Der Geschmack war da, ja, aber das Gefühl fehlte. Diese Mischung aus Knusper, Duft und Geräusch, wenn das Öl zischt, das kriegst du nur in der Pfanne hin. Und wenn man ehrlich ist, manchmal braucht man kein gesundes Essen, sondern einfach etwas, das die Seele satt macht.
Ich erinnere mich an einen Abend vor ein paar Jahren, als mein Sohn zum ersten Mal seine Freundin mitbrachte. Ich wollte etwas Einfaches, aber Besonderes machen, und entschied mich – natürlich – für Apfelringe. Sie saßen am Tisch, lachten, und als ich die Platte hinstellte, sagte sie: „Oh, das riecht wie bei meiner Oma!“ Und in dem Moment wusste ich, dass sie in unsere Familie passt.
