Also, ich sag’s euch ehrlich, ich bin eigentlich kein großer Bäcker. Ich hab nie das Geduld, da stundenlang am Ofen zu stehen, alles abzuwiegen und zu hoffen, dass der Kuchen dann auch wirklich aufgeht. Aber diese „Wilde Sau“-Torte, die hat mein Leben verändert, wirklich. Die ist so einfach, dass sogar mein Mann, der sonst höchstens mal die Butter im Kühlschrank findet, die machen könnte – naja, theoretisch. Ich hab sie das erste Mal an einem verregneten Sonntagnachmittag ausprobiert, als ich Lust auf was Süßes hatte, aber der Ofen wegen Stromausfall sowieso nicht ging. Da hab ich mich erinnert, dass meine Freundin Helga aus dem Nachbardorf mir mal so eine Kühlschranktorte gezeigt hat, ohne Backen, mit Kakaokeksen und Quark. „Wilde Sau“ hat sie die genannt, weil sie so reichhaltig, cremig und gleichzeitig ein bisschen frech schmeckt – mit einem Hauch Rum und dicker Schokoglasur obendrauf, da wird man wirklich wild danach.
Ich bin also in meine kleine Küche gegangen, hab mir die Zutaten zusammengesucht, und da merkt man gleich, was man für so ein Rezept braucht: keine teuren Sachen, alles gibt’s im Dorfladen. Ein Päckchen Kakaokekse – ich hab die von Leibniz genommen, weil die so schön knusprig sind – und ein Stück Butter, die ich kurz im Topf geschmolzen hab. Während die Butter geschmolzen ist, hab ich die Kekse im alten Standmixer meiner Mutter zerbröselt, der macht zwar einen Höllenlärm, aber das Ergebnis war perfekt: feines Keksmehl, das schon alleine nach Kindheit riecht. Dann hab ich die flüssige Butter dazugegeben, ordentlich umgerührt, bis eine gleichmäßige Masse entstanden ist. Die klebt leicht zwischen den Fingern, aber genau so soll’s sein. Dann hab ich den Boden meiner Springform mit Backpapier ausgelegt und die Keksmasse reingedrückt, ganz fest, damit nix auseinanderfällt. Ich nehm da immer den Boden eines Glases zum Andrücken, das funktioniert super. Danach kam die Form ab in den Kühlschrank, damit der Boden fest wird.
Während der Boden gekühlt hat, hab ich mich an die Creme gemacht. Dafür brauchste Quark, und zwar ordentlich: 600 Gramm, also ein ganzes großes Päckchen. Ich nehm immer den 20%-igen, weil der nicht zu trocken ist, aber auch nicht zu fettig. Dann hab ich die Sahne geschlagen – 300 Milliliter, bis sie richtig schön fest war. Ich schwör, das ist jedes Mal ein kleiner Nervenkitzel, ob sie wirklich steif wird, besonders, wenn die Schüssel nicht kalt genug ist. Dann kam der Quark dazu, und ich hab alles mit dem Teigschaber vorsichtig untergehoben. Kein Mixer, das mach ich mit der Hand, damit’s schön cremig bleibt. Ein Spritzer Rum kam dann auch rein, nur ein paar Esslöffel, weil die Kinder später auch ein Stück haben wollten. Man kann auch Rumaroma nehmen, das schmeckt auch fein. Ich hab die Creme dann probiert – ehrlich, ich hätt sie so schon essen können! So leicht, so frisch, und durch den Rum hatte sie diesen kleinen frechen Kick, der dem Ganzen den Namen „Wilde Sau“ wohl gegeben hat.
Dann hab ich die Creme auf den kalten Keksboden gestrichen, richtig schön dick, wie Schnee im Winter, glatt und glänzend. Ich find das jedes Mal so befriedigend, wenn man die Schichten sieht – unten der dunkle, feste Boden, oben die helle, weiche Creme. Dann kam die Torte wieder in den Kühlschrank, während ich mich um die Glasur gekümmert hab. Dafür braucht man nicht viel – nur Schokolade und Sahne. Ich nehm immer Kochschokolade, also die gute alte Blockschokolade, keine teuren Kuvertüren oder so. 200 Gramm hab ich in Stücke gebrochen, 150 Milliliter Sahne erhitzt und dann die Schokolade darin schmelzen lassen. Wenn man rührt, bis alles schön glatt ist, riecht das schon wie auf einem Weihnachtsmarkt – süß, cremig, leicht herb. Ich hab die Glasur dann ein bisschen abkühlen lassen, bevor ich sie auf die Torte gegossen hab. Wenn sie zu heiß ist, schmilzt die Quarkcreme sonst an. Dann noch ein paar kleine Bonbon-Schokoladen und Mini-Windbeutel obendrauf – einfach, weil’s hübsch aussieht und die Kinder sich freuen. Danach kam die Torte nochmal für ein paar Stunden in den Kühlschrank.
Ich schwör euch, als ich sie dann rausgeholt hab, sah sie aus wie aus einem Konditorladen. Die Schokolade glänzte, die Schichten waren perfekt, und der Duft – mein Mann kam aus der Werkstatt rein und meinte nur: „Was riecht hier denn so sündig gut?“ Ich hab gelacht und gesagt: „Das ist die Wilde Sau, Schatz.“ Er hat mich angeschaut, als hätt ich grad einen Witz gemacht, aber nach dem ersten Bissen war’s vorbei. Er hat gleich zwei Stücke gegessen, obwohl er sonst immer sagt, er mag keine Torten. Selbst mein kleiner Jonas, der sonst nur Gummibärchen mag, hat die Hälfte seiner Portion verschlungen und meinte: „Mama, das schmeckt wie im Himmel!“ Ich sag euch, da ist einem das Herz gleich warm geworden.
Seitdem mach ich diese Torte regelmäßig, vor allem, wenn Besuch kommt oder jemand Geburtstag hat. Ich hab sie einmal mit Kirschlikör statt Rum gemacht – das war auch der Hammer, da hatte sie so einen leichten Fruchtgeschmack. Und ein anderes Mal hab ich zwischen Boden und Creme noch eine Schicht Himbeeren gelegt, das sah nicht nur schön aus, das war auch richtig erfrischend. Meine Nachbarin Lotte sagt immer: „Wenn du die Wilde Sau machst, komm ich rüber, egal was ist!“ Und ja, sie kommt wirklich, meistens schon, bevor die Torte fertig ist, und hilft mir beim Abschlecken der Schüssel. Das gehört ja auch dazu, find ich.
Ich hab über die Jahre ein paar kleine Tricks entwickelt. Zum Beispiel: Wenn du magst, dass der Boden richtig schön fest wird, misch ein bisschen geschmolzene Zartbitterschokolade unter die Keksmasse. Dann hast du fast so was wie eine Schokoladenplatte unten, das gibt beim Anschneiden diesen perfekten Knack. Oder du kannst die Creme auch mal mit Mascarpone mischen, das wird dann noch cremiger, aber auch mächtiger – also nix für nach dem Sonntagsbraten. Wenn du Gäste hast, die keinen Alkohol mögen, kannst du statt Rum einfach Vanillearoma nehmen, das passt super. Ich hab sogar mal eine weihnachtliche Variante gemacht, mit einem Teelöffel Zimt und einem Schuss Amaretto – das hat alle umgehauen. Und einmal hab ich, weil ich keinen Quark im Haus hatte, Frischkäse genommen. War auch gut, ein bisschen säuerlicher, aber trotzdem lecker.
Das Schöne an dieser Torte ist, dass sie nie gleich schmeckt. Jedes Mal kommt irgendwas anderes raus, je nachdem, wie lange sie im Kühlschrank war oder welche Schokolade du nimmst. Manchmal mach ich sie mit dunkler Schokolade, manchmal mit Vollmilch. Meine Tochter liebt es, wenn ich kleine Kakaonibs drüberstreue, damit’s knuspert. Und wenn Besuch von der Oma kommt, mach ich sie oft einen Tag vorher, weil sie durch das Durchziehen im Kühlschrank noch besser wird – die Creme verbindet sich dann richtig mit dem Boden, und die Glasur hat diesen matten Schimmer, den man sonst nur aus Konditoreien kennt. Es gibt wirklich keine einfachere und gleichzeitig so beeindruckende Torte.
Ich glaub, die „Wilde Sau“ hat bei uns im Dorf mittlerweile Kultstatus. Letztes Jahr beim Erntedankfest hab ich sie auf das Kuchenbuffet gestellt, und innerhalb von zehn Minuten war kein Krümel mehr da. Sogar der Pfarrer hat gefragt, wer die gemacht hat. Und ich hab natürlich gegrinst und gesagt: „Na die Wilde Sau ist los!“ Seitdem ruft er mich manchmal an, wenn’s in der Gemeinde Kuchen braucht. Ich sag euch, man braucht kein großes Können, nur ein bisschen Liebe, gute Zutaten und Lust, was Schönes zu zaubern. Und das Beste: Kein Ofen, kein Stress, keine Angst, dass was anbrennt. Du brauchst nur eine Schüssel, einen Kühlschrank und gute Laune.
Einmal hab ich sogar versucht, eine Low-Carb-Version zu basteln, weil meine Freundin Karin jetzt auf Zucker verzichtet. Da hab ich statt Kakaokeksen so Dinkelkekse mit Erythrit genommen und statt normaler Schokolade Zartbitter mit 85 % Kakao. Der Geschmack war etwas herber, aber gar nicht schlecht. Ich find, solche Rezepte sind perfekt für Leute, die gerne improvisieren. Du kannst sie anpassen, wie du willst. Sogar als kleine Gläschen-Desserts hab ich sie schon gemacht – unten ein bisschen Keksbrösel, dann Creme, oben Schokoglasur. Sah aus wie aus einem Feinkostladen, ehrlich. Meine Schwiegermutter meinte, das wär das Schönste, was ich je gemacht hab. Und das aus ihrem Mund!
Wenn du mich fragst, warum sie „Wilde Sau“ heißt – ich glaub, weil sie so ein bisschen hemmungslos ist. Nicht elegant, nicht fein, sondern einfach üppig, cremig, süß und frech. Sie erinnert mich an die Feste früher, wo alle gelacht, gesungen und gegessen haben, bis keiner mehr konnte. Diese Torte hat denselben Geist. Wenn man sie anschneidet und die Schichten sieht, da kriegt man sofort gute Laune. Und wenn man den ersten Löffel nimmt, dann vergisst man alle Sorgen. Ich hab einmal gesagt: Wenn’s mir schlecht geht, mach ich mir die Wilde Sau. Dann ist die Welt wieder in Ordnung.
Ich erinnere mich noch an letztes Weihnachten, da war’s draußen so kalt, dass die Fenster zugefroren waren. Ich hab die Torte vorbereitet, während im Radio alte Lieder liefen, und meine Katze saß auf der Fensterbank und hat zugeschaut. Ich hab extra kleine Schokosterne auf die Glasur gelegt, und als die Familie dann kam, hat mein Mann nur gesagt: „Na, unsere Konditorin wieder am Werk?“ Ich sag euch, dieser Moment, wenn alle am Tisch sitzen, die Gabeln klirren und jeder still wird, weil’s so gut schmeckt – das ist unbezahlbar.
Und weißt du, was ich am meisten mag? Dass sie jedes Mal gelingt. Es gibt Rezepte, da kannste dich anstrengen, wie du willst, und trotzdem wird’s nix. Aber bei der Wilden Sau, da klappt’s immer. Vielleicht, weil sie keinen Druck kennt, keinen Ofen, keine exakte Temperatur – sie ist wie das Leben auf dem Land: unkompliziert, aber ehrlich. Wenn du sie mit Liebe machst, wird sie perfekt.
Neulich hat meine Enkelin gefragt, ob sie mir helfen darf. Ich hab ihr den Mixer gegeben, und sie hat mit leuchtenden Augen die Kekse zerkleinert. Danach durfte sie die Schokolade rühren – überall Schokoflecken, auf dem Tisch, auf ihrer Nase, aber das war mir egal. Ich hab ihr gesagt: „So macht man die beste Torte – mit Chaos und Spaß.“ Und sie meinte: „Oma, die Wilde Sau ist meine Lieblingstorte!“ Ich schwör, da hatte ich Tränen in den Augen.
Manchmal, wenn ich an meine Mutter denke, die früher immer Butterkuchen gemacht hat, dann glaub ich, sie würd die Wilde Sau lieben. Sie hätte wahrscheinlich gesagt: „Was, ohne Backen? Das ist doch geschummelt!“ Aber nach dem ersten Bissen hätt sie gelächelt und gesagt: „Na gut, das schmeckt aber sündhaft lecker.“ Und das ist es auch.
Wenn du mal wenig Zeit hast, Gäste kommen oder du einfach was Besonderes willst, mach diese Torte. Sie ist das perfekte Beispiel, dass aus einfachen Sachen was Großes werden kann. Und wenn du sie am nächsten Tag aus dem Kühlschrank holst und anschneidest, dann siehst du, wie schön sie fest geworden ist, wie sauber die Schichten sind – das ist jedes Mal ein kleiner Stolz-Moment. Ich sag immer: Wer einmal die Wilde Sau gemacht hat, macht sie wieder.
Und vielleicht, ganz vielleicht, kommt sie irgendwann in so ein Dorfkochbuch, mit den besten Rezepten aus unserer Gegend. Dann steht da: „Wilde Sau – von Maria aus Hinterdorf.“ Und ich würd lachen, weil ich weiß, dass alles begann mit einem Tag ohne Strom und einer Sehnsucht nach was Süßem.
Also, falls du das hier liest und überlegst, ob du sie machen sollst – mach’s einfach. Hol dir die Kekse, den Quark, die Schokolade. Mach dir Musik an, schmelz die Butter, misch, rühr, schleck den Löffel ab. Lass die Wilde Sau in deiner Küche los. Sie wird dich glücklich machen – versprochen.
