Ich kann mich noch gut erinnern an den Tag, an dem ich zum ersten Mal eine Zecke in unserer Wohnung gesehen habe. Ich dachte erst, es sei ein Krümel oder vielleicht ein dunkler Fussel, den unser Hund von draußen hereingeschleppt hat. Doch als ich genauer hinsah, bewegte sich das Ding – und mir wurde sofort ganz anders. Es war kein Krümel. Es war eine Zecke. Klein, dunkel, zäh und irgendwie fast wie aus einer anderen Welt. Und ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber für mich war das sofort ein Alarmsignal.
Zecken draußen im Wald oder auf der Wiese – das kennt man. Damit rechnet man, wenn man mit dem Hund spazieren geht oder wenn die Kinder im Garten herumtollen. Aber drinnen? In den eigenen vier Wänden? Das hat eine ganz andere Qualität. Man fühlt sich plötzlich nicht mehr sicher. So, als hätte die Natur eine Grenze überschritten, die man eigentlich für heilig hielt. Das Zuhause soll doch ein geschützter Ort sein, oder?
Ich habe dann recherchiert, wie das überhaupt passieren kann, und bin auf erschreckend viele Möglichkeiten gestoßen. Zecken können tatsächlich durch Tiere ins Haus getragen werden, keine große Überraschung. Aber auch durch Kleidung, Rucksäcke, Schuhe. Oder sie klammern sich an einem selbst fest, ohne dass man es merkt, und lassen sich dann später einfach irgendwo auf dem Teppich oder im Bett fallen. Allein bei dem Gedanken bekomme ich schon wieder Gänsehaut.
Was ich dann gelernt habe: Zecken im Haus sind kein seltenes Phänomen. Vor allem nicht im Sommer und Herbst, wenn sie besonders aktiv sind. Und wenn man Haustiere hat, steigt das Risiko deutlich. Unser Hund, ein alter Labrador namens Max, ist ein echtes Kuscheltier und darf auf dem Sofa und sogar manchmal mit ins Bett. Das war früher nie ein Problem – bis eben zu jenem Tag, als ich diese Zecke entdeckte. Und plötzlich machte alles Sinn: Die Spaziergänge im hohen Gras, das Herumtollen im Wald, und dann direkt danach aufs Sofa – das war eine Einladung für Zecken.
Ich habe mich dann gefragt: Was jetzt? Wie geht man damit um, wenn man eine Zecke in der Wohnung findet? Muss man gleich die ganze Wohnung desinfizieren? Ist das ein Notfall? Und wie erkennt man überhaupt, ob noch mehr da sind?
Zuerst habe ich die Zecke eingefangen – mit einem Taschentuch und Zittern in den Händen. Ich wollte sie nicht zerdrücken, denn ich hatte gelesen, dass das Krankheiten übertragen kann, wenn Blut austritt. Also habe ich sie in ein Schraubglas gesteckt und später draußen weit entfernt entsorgt. Manche Leute frieren sie auch ein oder übergießen sie mit Alkohol – alles besser als zerquetschen.
Dann kam der große Putz. Ich habe jede Ecke abgesaugt, alle Teppiche gereinigt, das Sofa abgespannt, die Bettwäsche gewaschen. Es war fast schon wie ein Frühjahrsputz im Hochsommer. Und ja, ich habe auch Max komplett durchgekämmt, mit einem Flohkamm – obwohl es um Zecken ging. Aber sicher ist sicher.
Ich habe mir dann auch ein paar Fragen gestellt, die ich bis dahin nie so richtig ernst genommen hatte. Zum Beispiel: Können Zecken in der Wohnung überleben? Und wenn ja, wie lange? Können sie sich vermehren? Gibt es vielleicht sogar ein Nest?
Die Antworten waren teilweise beruhigend, teilweise nicht. Zecken können durchaus einige Tage ohne Wirt überleben, manche Arten sogar Wochen. Das hängt von der Luftfeuchtigkeit ab und von der Temperatur. Und ja, in ganz seltenen Fällen – etwa bei der Braunen Hundezecke – kann es tatsächlich passieren, dass sich Zecken in Innenräumen vermehren. Das ist aber zum Glück eher die Ausnahme.
Trotzdem war mir klar: Ich musste vorsorgen. Also habe ich angefangen, unsere Routinen zu ändern. Max wird jetzt nach jedem Spaziergang gründlich untersucht. Wir haben ein spezielles Zeckenhalsband für ihn besorgt, und auch einen Spot-on vom Tierarzt. Ich weiß, dass viele das nicht mögen, aber in unserem Fall war es einfach nötig. Ich selbst habe auch gelernt, meine Kleidung zu überprüfen, wenn ich aus dem Garten komme, besonders wenn ich kniehoch im Gras stand, um Unkraut zu jäten oder die Kinder aus dem Gebüsch zu ziehen.
Eine wichtige Lektion war auch: Keine Panik, aber wachsam sein. Zecken sind keine Todesurteile, aber sie können wirklich ernsthafte Krankheiten übertragen. Die bekannteste ist natürlich Borreliose. Die Symptome können Wochen nach dem Biss auftreten und sind manchmal schwer zu erkennen: Müdigkeit, Gelenkschmerzen, Fieber, Hautausschläge. Es gibt zwar Antibiotika, aber je früher man es erkennt, desto besser. Noch gefährlicher ist die FSME – Frühsommer-Meningoenzephalitis. Eine Hirnhautentzündung, gegen die man sich allerdings impfen lassen kann, wenn man in einem Risikogebiet lebt. Ich habe mich und die Kinder impfen lassen. Mein Mann hat es lange hinausgezögert, aber als wir tatsächlich eine Zecke im Bett fanden – ja, im Bett! – hat er keinen Tag mehr gewartet.
Apropos Bett: Das war wohl der schlimmste Moment. Ich hatte schon eine Weile das Gefühl, dass irgendwas nicht stimmt. Immer wieder kleine rote Stellen, die juckten. Erst dachte ich an Mückenstiche. Doch dann, eines Morgens, lag sie da – mitten auf dem Kopfkissen. Eine dicke, vollgesogene Zecke. Ich habe fast geschrien. Mein Mann hat das Ding eingefangen, während ich die Kinder davon abhielt, ins Schlafzimmer zu stürmen. Und danach war klar: Jetzt ist Schluss mit lustig.
Wir haben dann professionelle Hilfe geholt. Ein Kammerjäger kam, hat alles untersucht. Zum Glück kein Nest, keine Kolonie – nur einzelne Tiere, vermutlich durch Max eingeschleppt. Aber er hat uns viele Tipps gegeben, wie man vorbeugen kann. Ritzen abdichten. Teppiche regelmäßig reinigen. Tierdecken täglich waschen. Fenster mit Fliegengitter ausstatten. Und er hat uns beruhigt: In den allermeisten Fällen bleiben Zeckenfunde in Innenräumen Einzelfälle.
Ich habe in der Zeit auch mit anderen Müttern gesprochen – auf dem Spielplatz, im Kindergarten. Und siehe da: Viele hatten ähnliche Erfahrungen gemacht. Eine Freundin erzählte mir, dass ihr Sohn eine Zecke im Ohr hatte – nach einem Wochenende bei den Großeltern auf dem Land. Eine andere hatte Zecken in der Wäsche gefunden, nachdem sie die Picknickdecke vom Ausflug gewaschen hatte. Und eine dritte hatte sogar in der Küche eine gefunden, wie sie langsam über die Wand kroch. Alle waren schockiert, aber keiner sprach vorher darüber. Als wäre es ein Tabuthema.
Dabei finde ich, man sollte offener über solche Dinge sprechen. Denn je mehr man weiß, desto besser kann man reagieren. Ich selbst habe so viel dazugelernt in dieser Zeit. Zum Beispiel, dass man nach einem Zeckenbiss die Stelle über Wochen beobachten sollte. Oder dass man die Zecke möglichst schnell, aber vorsichtig entfernen muss – am besten mit einer Zeckenzange, ganz nah an der Haut, ohne sie zu drehen. Ich wusste vorher nicht mal, dass es spezielle Werkzeuge dafür gibt.
Was mich besonders beschäftigt hat: Kinder. Zecken suchen sich oft dünne Hautstellen – hinter den Ohren, in den Kniekehlen, am Haaransatz. Und Kinder merken das oft gar nicht. Ich kontrolliere meine beiden jetzt jeden Abend im Sommer, egal wie müde wir sind. Das ist zur Routine geworden, wie Zähneputzen. Und ich bin ehrlich: Lieber finde ich einmal zu oft nichts als einmal zu spät etwas.
Was auch wichtig ist: Ruhe bewahren. Nicht in Panik verfallen. Ja, Zecken sind unangenehm und können gefährlich sein. Aber mit etwas Vorsicht, Wissen und guter Hygiene kann man das Risiko deutlich minimieren. Ich habe aufgehört, mich vor ihnen zu ekeln – stattdessen habe ich Respekt vor ihrer Zähigkeit. Sie sind Überlebenskünstler, das muss man ihnen lassen.
Aber sie gehören nicht ins Haus. Und sie gehören schon gar nicht ins Bett.
Wenn Sie also jemals in der Situation sind, dass Sie eine Zecke in Ihrer Wohnung finden – atmen Sie tief durch. Isolieren Sie sie. Untersuchen Sie die Umgebung. Kontrollieren Sie Haustiere und Kinder. Reinigen Sie gründlich. Und überlegen Sie, ob es Zeit ist, die Anti-Zecken-Strategie zu überdenken.
Denn auch wenn man nicht alles im Leben kontrollieren kann – gegen kleine Plagegeister wie Zecken kann man sich durchaus wappnen. Man muss nur wissen wie. Und das Wissen beginnt mit einem einzigen, gruseligen kleinen Moment: wenn man eine Zecke entdeckt, wo sie nicht hingehört.