Ich erinnere mich noch genau an den verregneten Nachmittag, an dem ich dieses Rezept zum ersten Mal entdeckte. Ich war allein zu Hause, der Regen trommelte sanft gegen die Fensterscheiben, und ich hatte mir vorgenommen, endlich einmal die alten Kochbücher meiner Großmutter durchzusehen. Sie waren alt, manche Seiten schon brüchig, aber zwischen den vergilbten Seiten lag ein kleiner Schatz: ein handgeschriebener Zettel, leicht fleckig, mit der Überschrift Paprika-Huhn in Rahmsauce. Ich roch förmlich die Erinnerungen. Daneben, mit Bleistift dazugeschrieben, stand: „Dazu passen breite Bandnudeln“. Ich nahm es als Zeichen.
Ich habe das Rezept inzwischen oft gemacht, aber das erste Mal war etwas Besonderes. Ich wollte meiner Familie etwas richtig Herzhaftes auftischen – etwas, das wärmt, nährt und nach Zuhause schmeckt. Ich habe es etwas modernisiert, ein bisschen angepasst, aber der Geist der Großmutter steckt in jeder Gabel.
Man beginnt am besten mit dem Hähnchen. Ich nehme am liebsten Filets, weil sie schnell garen und schön zart bleiben. Damals, beim ersten Versuch, war ich mir unsicher, wie groß ich die Stücke schneiden soll – heute weiß ich, mundgerecht ist der Schlüssel. Nicht zu klein, nicht zu groß, einfach so, dass sie in der Pfanne gleichmäßig bräunen. Ich würze sie nur mit Salz und Pfeffer, ganz schlicht, denn der eigentliche Star ist die Sauce.
Die Zwiebel und der Knoblauch kommen gleich danach. Ich schwöre auf langsam angebratene Zwiebeln – sie werden dabei süßlich, fast karamellisiert. Der Knoblauch darf nicht zu braun werden, sonst wird er bitter. Ich erinnere mich, wie ich beim ersten Mal etwas zu großzügig war – der Duft war intensiv, aber es hat wunderbar zum Paprika gepasst.
Apropos Paprika: ich nehme zwei rote, saftige Schoten. Ich habe es auch schon mit gelber oder grüner probiert, aber rot bringt nicht nur die beste Farbe, sondern auch die schönste Süße. Ich schneide sie in feine Streifen. Das dauert seine Zeit, aber es lohnt sich. Während sie in der Pfanne weich werden, entwickeln sie ein wunderbar fruchtiges Aroma.
Die Sahne kommt erst später dazu. Ich verwende 200 ml – nicht zu viel, nicht zu wenig. Sie soll die Aromen binden, nicht erdrücken. Ich rühre sie mit einem Holzlöffel unter und lasse alles kurz köcheln. Der Moment, wenn die Sauce beginnt, leicht einzudicken, ist der schönste Teil des Kochens. Es riecht nach Zuhause, nach Geborgenheit, nach Essen, das mit Liebe gemacht wurde.
Das Hähnchen kommt dann wieder zurück in die Pfanne. Es hat beim Braten schon Röstaromen entwickelt, die sich jetzt wunderbar mit der cremigen Sauce verbinden. Ich lasse es noch ein paar Minuten ziehen. Der Duft in der Küche ist inzwischen so einladend, dass oft schon jemand aus dem Wohnzimmer ruft: „Wann gibt’s Essen?“
Parallel dazu koche ich die Tagliatelle. Ich liebe ihre Breite, ihre Textur, wie sie die Sauce aufnehmen. Ich achte darauf, sie al dente zu kochen – nichts ist schlimmer als matschige Nudeln. Ich erinnere mich noch, wie ich damals beim ersten Mal die Zeit nicht im Blick hatte und sie fast verkocht habe. Seitdem steht immer ein Timer.
Wenn alles fertig ist, geht es ans Anrichten. Ich mag es schlicht: Nudeln auf den Teller, Hähnchen und Sauce darüber, fertig. Ein wenig frische Petersilie darüber – sie bringt Frische und etwas Farbe. Kein Chichi, keine unnötige Dekoration. Das Gericht spricht für sich selbst.
Ich habe dieses Gericht inzwischen oft gekocht – für meine Familie, für Freunde, einmal sogar für das Sommerfest im Kindergarten meiner Tochter. Und jedes Mal fragen mich die Leute nach dem Rezept. Ich erzähle dann, dass ich es in einem alten Kochbuch meiner Großmutter gefunden habe, und jedes Mal sehe ich ein Lächeln. Denn dieses Essen erinnert uns alle an etwas – an Sonntage bei der Oma, an Abende am Familientisch, an warme Küchen, wenn draußen der Wind heult.
Es ist kein kompliziertes Rezept. Kein Sternegericht. Aber genau das macht es so besonders. Es ist einfach, ehrlich, sättigend. Es wärmt den Bauch und das Herz. Und manchmal, wenn ich es koche, stelle ich mir vor, wie meine Großmutter in ihrer kleinen Küche stand, mit einer dampfenden Pfanne auf dem Herd, und dass sie vielleicht genau wie ich gedacht hat: Heute koche ich etwas, das alle glücklich macht.
Wenn du also mal einen dieser Tage hast, an denen du nicht weißt, was du kochen sollst, und du etwas suchst, das zuverlässig gut schmeckt, das einfach zuzubereiten ist und das nach mehr aussieht, als es an Aufwand kostet – dann probier dieses cremige Paprika-Hühnchen mit Tagliatelle. Es ist kein Rezept aus dem Internet. Es ist ein Rezept aus der Erinnerung. Aus der Familie. Aus dem Herzen.