Es ist spät in der Nacht. Die Straßen sind still, die Nachbarn schlafen, und auch dein Zuhause liegt im Dunkeln. Zumindest denkst du das. Doch während du friedlich im Bett liegst, summt es leise hinter den Wänden – kaum hörbar, aber stetig. Dein Fernseher ruht, der WLAN-Router blinkt schwach, das Ladegerät steckt noch in der Steckdose, obwohl das Handy längst voll ist. Und all diese Geräte, unscheinbar und unauffällig, ziehen weiter Strom. Ohne, dass du es merkst. Willkommen in der Welt der sogenannten „Strom-Vampire“.
Was auf den ersten Blick wie ein Begriff aus einem Science-Fiction-Film klingt, ist in Wirklichkeit ein sehr reales Phänomen: Geräte, die Strom verbrauchen, obwohl sie „ausgeschaltet“ sind. Sie warten auf Signale, halten Systeme aktiv oder betreiben Mini-Funktionen wie Uhren oder Sensoren – und verursachen dabei einen konstanten, wenn auch kleinen, Energieverbrauch. Doch dieser summiert sich. Über Tage, Wochen, Monate – und am Ende des Jahres kann daraus ein stattlicher Betrag werden.
Viele Menschen glauben, dass ein ausgeschaltetes Gerät keinen Strom mehr verbraucht. Leider ist das nur teilweise richtig. In der modernen Welt, in der fast jedes Gerät mit Smart-Funktionen, Fernbedienungen oder Standby-Modi ausgestattet ist, fließt auch dann Strom, wenn scheinbar alles stillsteht.
Der stille Verbraucher in der Steckdose
Beginnen wir mit einem Beispiel: Dein Fernseher. Selbst wenn du ihn ausschaltest, bleibt er in Bereitschaft, um beim nächsten Druck auf die Fernbedienung sofort wieder anspringen zu können. Das ist bequem, aber energetisch betrachtet ein teurer Luxus. Eine herkömmliche Kabelbox oder ein moderner Smart-TV kann im Standby-Modus zwischen 10 und 20 Watt verbrauchen – Tag und Nacht. Das entspricht über ein Jahr gerechnet etwa 80 bis 160 Kilowattstunden. Wenn du das mit dem aktuellen Strompreis multiplizierst, ergibt sich eine unangenehme Überraschung: ein Gerät, das dich im ausgeschalteten Zustand jährlich 30 bis 50 Euro kosten kann.
Und der Fernseher ist nur der Anfang. Ladegeräte, Laptops, Mikrowellen, Drucker, Spielkonsolen, Router – sie alle ziehen in unterschiedlichem Maß Strom, selbst wenn sie gerade nichts tun. Der Energieversorger spricht hier von „Leistungsaufnahme im Standby-Betrieb“, und laut Umweltbundesamt machen diese unsichtbaren Verbraucher im Durchschnitt etwa 5–10 % des gesamten Haushaltsstroms aus.
Das klingt vielleicht nicht nach viel – aber rechne es dir einmal aus. Wenn dein Haushalt im Jahr etwa 3.000 kWh Strom verbraucht, entfallen davon 150 bis 300 kWh allein auf Geräte, die du gar nicht aktiv nutzt. Das sind umgerechnet 60 bis 120 Euro jährlich – und das nur dafür, dass du den Stecker nicht ziehst.
Warum Geräte im Standby-Modus Strom ziehen
Die meisten modernen Geräte sind so konzipiert, dass sie in Bereitschaft bleiben. Ein Fernseher wartet auf das Signal der Fernbedienung, eine Soundbar empfängt Bluetooth, eine Kaffeemaschine hält die Uhrzeit, ein Router versorgt dein Smart Home mit WLAN. Selbst Ladegeräte ziehen Strom, wenn sie leer in der Steckdose hängen – auch wenn kein Handy angeschlossen ist.
Das liegt an sogenannten Transformatoren und Netzteilen, die Strom umwandeln und ständig auf Abruf bereitstehen. Auch Displays, Kontrolllämpchen und elektronische Uhren brauchen dauerhaft Energie. Der Stromverbrauch ist pro Gerät zwar gering – oft nur 0,5 bis 3 Watt – aber multipliziere das mit allen Geräten im Haushalt und den Stunden eines ganzen Jahres, und du wirst sehen, wie sich daraus eine spürbare Summe ergibt.
Ein Beispiel: Ein Ladegerät zieht im Leerlauf etwa 0,3 Watt. Das klingt nach nichts. Aber 0,3 Watt mal 24 Stunden, mal 365 Tage ergeben etwa 2,6 Kilowattstunden. Wenn du also zehn solcher Geräte ständig eingesteckt lässt – Handy-Ladegeräte, Zahnbürste, Rasierer, Laptopnetzteil, Drucker, Router, etc. – summiert sich das auf über 25 kWh im Jahr. Das entspricht in etwa der Energie, die dein Kühlschrank in einem Monat verbraucht.
Welche Geräte sind die größten „Vampire“?
Manche Geräte sind berüchtigt für ihren hohen Standby-Verbrauch. Hier sind einige Beispiele und ihre durchschnittlichen Werte:
- Fernseher (Smart-TV) – 5 bis 20 Watt im Standby
- Spielkonsole (PS5, Xbox Series X) – 10 bis 15 Watt
- Router/WLAN-Modem – 6 bis 10 Watt
- Computer oder Laptop (aus, aber eingesteckt) – 2 bis 8 Watt
- Kaffeemaschine mit Uhr oder Warmhaltefunktion – 4 bis 10 Watt
- Mikrowelle mit Digitalanzeige – 3 bis 6 Watt
- Set-Top-Box oder Kabelreceiver – 10 bis 30 Watt
- Drucker/Scanner – 2 bis 5 Watt im Ruhemodus
- Ladegeräte (Handy, Laptop, Kamera) – 0,3 bis 2 Watt, selbst ohne angeschlossenes Gerät
Wenn du all diese Geräte zusammenzählst, ergibt sich ein Gesamtverbrauch von 50 bis 100 Watt, selbst wenn du gar nichts eingeschaltet hast. Das bedeutet, dein Haushalt verbraucht Tag und Nacht etwa so viel Strom, als würde dauerhaft eine Glühbirne brennen – 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr.
Wie viel kannst du wirklich sparen?
Die Ersparnis hängt stark davon ab, wie viele Geräte du besitzt und wie bewusst du mit ihnen umgehst. Studien zeigen, dass ein durchschnittlicher Haushalt durch konsequentes Ausschalten und Trennen vom Netz zwischen 50 und 150 Euro pro Jahr einsparen kann. Das mag auf den ersten Blick nicht gigantisch wirken, aber auf zehn Jahre gerechnet bedeutet das eine Ersparnis von über 1.000 Euro – ganz ohne Komfortverlust, wenn du es clever angehst.
Außerdem reduzierst du damit nicht nur deine Stromrechnung, sondern auch deinen ökologischen Fußabdruck. Weltweit entstehen durch Standby-Verbrauch jährlich Milliarden Kilowattstunden verschwendeter Energie – genug, um ganze Städte zu versorgen.
Aber ist es nicht lästig, ständig alles auszustecken?
Natürlich kann es mühsam wirken, jedes Mal hinter den Fernseher oder unter den Schreibtisch zu kriechen, um den Stecker zu ziehen. Niemand hat Lust, jeden Abend zehn Stecker aus der Wand zu fummeln. Die gute Nachricht ist: Es gibt einfache Lösungen, die dir diese Arbeit abnehmen.
Eine der besten Investitionen sind Steckdosenleisten mit Schalter oder intelligente Steckdosenleisten, die automatisch erkennen, wann ein Gerät wirklich ausgeschaltet ist. Wenn du zum Beispiel den Fernseher ausschaltest, trennt die Leiste gleichzeitig alle angeschlossenen Geräte – Soundbar, Konsole, DVD-Player – vollständig vom Stromnetz. Das spart Energie, ohne dass du jedes Gerät einzeln trennen musst.
Auch Smart Plugs sind eine großartige Lösung. Diese WLAN-fähigen Steckdosen kannst du per App oder Sprachbefehl steuern – du kannst also einfach sagen: „Alexa, Fernseher ausschalten“, und schon wird der Strom unterbrochen.
Einige Modelle bieten sogar Zeitpläne: Du kannst einstellen, dass bestimmte Geräte nachts oder während deiner Arbeitszeit automatisch ausgeschaltet werden.
Wann lohnt sich das Ausstecken besonders?
Es gibt Geräte, die rund um die Uhr laufen müssen – wie Kühlschrank, Gefrierschrank oder Heizungssteuerung. Diese solltest du natürlich nicht vom Strom trennen. Doch viele andere Geräte benötigen nachts keine Energiezufuhr:
- Fernseher und Unterhaltungselektronik
- Ladegeräte
- Küchenmaschinen, Mikrowellen, Toaster
- Drucker, Monitore, Computer
- Lampen mit Trafo oder LED-Panel
Vor allem im Urlaub lohnt sich das Ausstecken besonders. Wenn du zwei Wochen verreist und alle nicht benötigten Geräte vom Netz nimmst, kannst du 10–15 Euro sparen – und minimierst gleichzeitig das Risiko von Überspannungsschäden bei Gewittern.
Standby ist nicht gleich Standby
Nicht alle Geräte verbrauchen im Standby gleich viel Strom. Manche Hersteller legen Wert auf Energieeffizienz, andere weniger. In der EU gibt es seit einigen Jahren Vorschriften, die den Standby-Verbrauch neuer Geräte auf maximal 0,5 Watt begrenzen. Ältere Geräte, besonders solche aus den frühen 2000er-Jahren, verbrauchen dagegen oft 5 bis 10 Watt.
Wenn du also ein älteres Fernsehgerät oder eine betagte Hi-Fi-Anlage hast, lohnt es sich doppelt, sie komplett vom Netz zu trennen oder bei Gelegenheit gegen ein energieeffizienteres Modell auszutauschen.
Der psychologische Effekt: Bewussterer Umgang mit Energie
Interessanterweise berichten viele Menschen, die bewusst ihre Geräte ausstecken, dass sich ihr gesamter Umgang mit Energie verändert. Sie achten stärker auf ihren Verbrauch, hinterfragen Gewohnheiten und entdecken neue Wege, Strom zu sparen – nicht nur bei der Unterhaltungselektronik, sondern auch bei Heizung, Beleuchtung und Haushalt.
Dieses gesteigerte Bewusstsein führt langfristig zu noch größeren Einsparungen, weil du dich automatisch fragst: „Brauche ich das wirklich an?“ Und genau hier liegt die wahre Kraft kleiner Veränderungen.
Die unsichtbaren Stromfresser im Alltag
Einer der größten Energieverschwender, den kaum jemand auf dem Schirm hat, sind Geräte mit Netzteilen – also Ladegeräte, Router, Smart-Home-Hubs, Babyphone und Co. Sie arbeiten mit kleinen Transformatoren, die Strom in Gleichspannung umwandeln. Selbst im Leerlauf verbrauchen sie Energie, weil der Stromfluss nicht vollständig stoppt.
Auch Küchengeräte wie Wasserkocher oder Kaffeemaschinen mit Zeitanzeige verbrauchen permanent Strom, um ihre Uhren oder Standby-Funktionen zu betreiben. Ein weiterer heimlicher Verbraucher ist der Fernseher im „Soft-Off“-Modus – also wenn er scheinbar aus ist, aber noch auf Signale der Fernbedienung reagiert.
Wenn du dir einmal die Mühe machst und mit einem Energiekostenmessgerät misst, wie viel Strom deine Geräte im Ruhezustand verbrauchen, wirst du überrascht sein. Viele dieser Messgeräte kosten weniger als 20 Euro und zeigen dir genau, wo dein Strom hinfließt. So kannst du gezielt handeln, statt nur pauschal alles auszustecken.
Ein Beispiel aus dem Alltag
Lass uns einen typischen Haushalt betrachten:
Im Wohnzimmer stehen Fernseher, Soundbar, Router und Spielekonsole. In der Küche sind Kaffeemaschine, Mikrowelle und Wasserkocher eingesteckt. Im Büro läuft der PC samt Drucker und Monitor. Alle Geräte zusammen verbrauchen im Standby rund 80 Watt.
80 Watt über 24 Stunden ergibt 1,92 kWh pro Tag. Auf ein Jahr gerechnet sind das fast 700 kWh – das entspricht rund 280 Euro Stromkosten (bei 0,40 €/kWh).
Wenn du also nur die Hälfte dieser Geräte wirklich trennst, sparst du immer noch 140 Euro jährlich – ganz ohne Komfortverlust.
Wie du den Strom-Vampiren den Garaus machst
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Steckdosenleisten mit Schalter nutzen:
Einfach, günstig und effektiv. Wenn du den Schalter umlegst, sind alle Geräte aus. -
Smart-Plugs verwenden:
Diese modernen Steckdosen kannst du mit dem Handy oder per Sprachsteuerung ausschalten – perfekt für Lampen, Fernseher oder Ladegeräte. -
Ladegeräte nach Gebrauch abziehen:
Ein einfacher Schritt mit großer Wirkung. Wenn das Handy voll ist, Ladegerät rausziehen – es verlängert auch die Lebensdauer des Netzteils. -
Timer einsetzen:
Steckdosen mit Zeitschaltuhr trennen Geräte automatisch nachts vom Strom. -
Stromverbrauch messen:
Kaufe dir ein Energiekostenmessgerät und teste deine Geräte. Du wirst erstaunt sein, welche Stromfresser sich in deinem Haushalt verstecken. -
Bewusstes Verhalten fördern:
Mach dir zur Gewohnheit, Geräte auszuschalten, die du nicht brauchst. Auch kleine Schritte summieren sich.
Der ökologische Aspekt
Neben dem finanziellen Nutzen spielt auch die Umwelt eine Rolle. Laut Schätzungen der Internationalen Energieagentur (IEA) verursacht der weltweite Standby-Verbrauch jährlich rund 400 Terawattstunden Energieverlust – das entspricht dem Jahresverbrauch von Ländern wie Großbritannien oder Spanien.
Wenn alle Haushalte ihren Standby-Verbrauch halbieren würden, könnten weltweit mehrere Millionen Tonnen CO₂ eingespart werden. Es geht also nicht nur um Geld, sondern auch um Verantwortung.
Das Ausstecken von Geräten mag auf den ersten Blick nach einer Kleinigkeit aussehen – aber die Summe dieser kleinen Maßnahmen kann einen großen Unterschied machen. Du sparst Geld, schonst die Umwelt und entwickelst ein neues Bewusstsein für Energieverbrauch.In einer Zeit, in der Strompreise steigen und Nachhaltigkeit wichtiger wird denn je, lohnt es sich, auf solche Details zu achten.Also, bevor du heute Abend schlafen gehst, wirf noch einen Blick auf deine Steckdosen. Vielleicht steckt da noch ein kleiner Strom-Vampir, der darauf wartet, entdeckt zu werden. Zieh einfach den Stecker – und schlaf mit dem guten Gefühl ein, dass du nicht nur Energie, sondern auch Geld sparst.
