Es war Ende August, die Sonne stand tief und schickte goldenes Licht in meine kleine Küche. Der Garten war voll von Dingen, die ich nicht verschwenden wollte – Zwiebeln, Paprika, Gurken. Alles leuchtete in satten Farben, aber ich wusste: Bald ist es vorbei mit der Fülle. Ich stand am Fenster, trank meinen Kaffee und dachte an meine Oma. Sie war die Königin der Vorratskammern. Wenn man im Herbst ihre Kellerstufen hinabstieg, roch es nach Essig, Kräutern, Knoblauch und einem Hauch Geschichte. Jedes Glas dort unten hatte eine Bedeutung. Einmachgläser waren für sie keine bloßen Behälter, sondern kleine Zeitkapseln. In ihnen steckte der Sommer, eingefangen für die dunklen Tage.Ich beschloss, an diesem Tag genau das Gleiche zu tun – drei verschiedene Gemüsesorten einlegen, wie früher: rote Zwiebeln, Gurken und Paprika. Drei Farben, drei Geschmäcker, drei kleine Erinnerungen an warme Tage.
Ich begann mit den roten Zwiebeln, weil sie so wunderschön aussahen – rund, glänzend und kräftig. Ich schälte sie und schnitt sie in feine Ringe. Währenddessen lief im Radio ein alter Schlager, und ich fühlte mich für einen Moment wie in den 80ern bei meiner Oma in der Küche, als ich als Kind helfen durfte. Damals hatte ich natürlich keine Geduld und fand den Essiggeruch furchtbar. Heute liebe ich ihn.
Ich nahm zwei Tassen Weißweinessig, zwei Tassen Wasser, ein Drittel einer Tasse Zucker und zwei Esslöffel Honig. Alles kam in einen Topf. Der Duft war intensiv – süß, sauer, leicht scharf. Ich fügte zwei zerdrückte Knoblauchzehen hinzu und eine Prise bunten Pfeffer. Schon nach wenigen Minuten erfüllte der Dampf die Küche mit einem Aroma, das irgendwie nostalgisch war: Es roch nach Zuhause.
Während die Flüssigkeit leicht köchelte, legte ich die Zwiebelringe in ein sterilisiertes Glas. Das heiße Essiggemisch goss ich darüber, bis alles bedeckt war. Ein sanftes Zischen erklang, als die Zwiebeln das heiße Aroma aufnahmen. In diesem Moment begann sich die Farbe zu verändern – das tiefe Rot wurde heller, fast magenta. Ich lächelte, weil es wie ein kleines Wunder war.Diese Zwiebeln sind für mich mehr als nur eine Beilage. Sie passen zu fast allem: auf Burger, zu Käse, zu Kartoffelsalat oder einfach aufs Butterbrot. Und jedes Mal, wenn ich sie esse, erinnere ich mich an diesen Duft aus meiner Kindheit – an Omas Vorratskeller, wo das Licht gedämpft war und man die Gläser klirren hörte, wenn sie neue Regale einräumte.Dann kamen die Gurken. Sechs kleine, feste Gurken lagen auf der Arbeitsfläche, grün und knackig, fast wie kleine Soldaten in einer Reihe. Ich schnitt sie in Scheiben, manche in Sticks, weil mein Mann sie lieber so mag – „besser zum Knabbern beim Fernsehen“, sagt er immer.
In einem Topf mischte ich eine Tasse Weißweinessig und eine Tasse Wasser, gab einen Esslöffel Salz, ein Teelöffel Pfefferkörner und ein bis zwei Lorbeerblätter hinein. Der Duft war schärfer als bei den Zwiebeln, ein bisschen wilder, rustikaler. Ich ließ alles aufkochen, während ich an den Sommer dachte: an Grillabende, an frische Kräuter, an kalte Getränke im Garten.
Als ich das heiße Gemisch über die Gurken goss, hörte ich dieses typische „Knacken“, wenn das Gemüse im Glas auf die Hitze reagiert. Ich schraubte den Deckel zu, drehte das Glas kurz auf den Kopf und stellte es dann auf ein Handtuch. Schon nach ein paar Minuten beschlug das Glas, als würde der Sommer selbst darin atmen.
Das Schöne an eingelegten Gurken ist: Sie sind wie kleine Erinnerungsstücke. Man isst sie im Winter und schmeckt plötzlich die Sonne. Ich erinnere mich noch, wie mein Vater im Januar den ersten Bissen nahm und sagte: „Das ist Sommer auf der Zunge.“ Ich glaube, genau das ist der Grund, warum ich es jedes Jahr mache. Es ist mehr als Haltbarmachung – es ist Seelenpflege.
Und schließlich kam der Farbenkünstler des Tages – die Paprika. Ich hatte 15 kleine, leuchtend rote, gelbe und orangefarbene Paprika vom Markt mitgebracht. Sie sahen aus wie kleine Lichter, als ich sie auf den Tisch legte. Ich wusch sie, entfernte die Kerne und schnitt sie in Hälften.
Ich nahm einen großen Topf und mischte 1½ Tassen Weißweinessig, 1½ Tassen Wasser, vier Knoblauchzehen, einen Teelöffel schwarze Pfefferkörner, einen Teelöffel Senfsamen und reichlich frischen Dill. Der Duft war unglaublich – würzig, frisch, leicht zitronig vom Essig, aber gleichzeitig weich vom Dill. Ich stellte mir vor, wie diese Gläser später im Regal stehen würden, und mir wurde warm ums Herz.
Als ich die Paprika hineinlegte, hörte ich das leise Blubbern des Essigs, und die Paprikastücke glänzten, als wären sie von einem feinen Schleier überzogen. Ich goss die Flüssigkeit in die Gläser, legte ein paar Dillzweige oben drauf und schraubte sie fest zu.
Während die Gläser auf dem Küchentisch abkühlten, sah es aus wie Kunst. Drei Farben, drei Stimmungen, drei kleine Geschichten. Rote Zwiebeln – scharf und süß, Gurken – knackig und ehrlich, Paprika – weich und aromatisch. Jede Sorte hatte ihren eigenen Charakter, wie drei Menschen, die man liebt, weil sie unterschiedlich sind, aber gemeinsam perfekt harmonieren.
Ich wischte die Arbeitsfläche ab, wusch die Töpfe und setzte mich mit einem Tee an den Tisch. Die Sonne war inzwischen untergegangen, aber das warme Licht der Gläser blieb. Ich konnte nicht anders, als zu denken: „Das ist das, was Küche bedeutet.“ Kein Aufwand, keine Show – nur Liebe, Geduld und das Gefühl, etwas zu bewahren.
Am nächsten Tag kam meine Nachbarin vorbei, wie immer neugierig, wenn es bei mir gut riecht. „Was hast du da gemacht?“, fragte sie. Ich zeigte ihr die Gläser. Sie hob eins gegen das Licht, und die Paprika leuchteten darin wie Edelsteine. „Oh, das ist wunderschön“, sagte sie. Ich schenkte ihr ein Glas Zwiebeln, und sie versprach, beim nächsten Kaffeetrinken ihre berühmten eingelegten Karotten mitzubringen. Ich musste lachen – Einmachfreundschaften sind die besten.
Ein paar Tage später öffnete ich mein erstes Glas Zwiebeln. Der Duft war perfekt ausgewogen: süß, säuerlich, mit einem Hauch Honig und Knoblauch. Ich legte sie auf ein Sandwich mit Frischkäse und pastrami, und der Geschmack war einfach umwerfend. Ich konnte es nicht lassen und probierte auch die Gurken – sie waren knackig, leicht salzig, mit dieser typischen Note von Pfeffer und Lorbeer. Und dann die Paprika – mild, aromatisch, mit einem sanften Dillduft.
Ich schwöre, ich habe selten so zufrieden gegessen.
Seitdem mache ich diese drei Konserven jedes Jahr. Ich nenne sie meine „Drei Farben des Sommers“, weil sie mich immer daran erinnern, dass man die schönste Zeit des Jahres einfangen kann – nicht mit Fotos, sondern mit Geschmack.
Manchmal, im Januar, wenn es draußen stürmt und die Bäume kahl sind, hole ich ein Glas heraus, öffne es und rieche daran. Und plötzlich ist er wieder da: der Sommer, das Summen der Bienen, das Klirren von Gläsern auf dem Gartentisch. Es ist, als würde die Zeit für einen Moment stillstehen.
Und jedes Mal, wenn ich den Deckel zuschraube, denke ich: Diese kleinen Gläser sind mehr als Essen. Sie sind kleine Versprechen. Sie sagen: Der Sommer kommt wieder. Das Leben ist bunt. Und alles, was du brauchst, ist ein bisschen Essig, ein paar Gewürze – und Liebe. 🌶️🥒🧅💛
