Es gibt Tage, an denen man einfach etwas Warmes braucht. Etwas, das die Seele wärmt, den Bauch füllt und den Stress des Alltags für einen Moment verschwinden lässt. Bei mir sind das genau die Tage, an denen ich meine alte Suppenkelle aus der Schublade hole und einen großen Topf auf den Herd stelle. Und glaub mir, nichts – wirklich nichts – geht über den Duft einer frisch gekochten Erbsensuppe.
Ich weiß nicht, ob es an meiner Kindheit liegt oder an diesem besonderen Gefühl von Geborgenheit, aber jedes Mal, wenn ich diese Suppe koche, fühle ich mich zurückversetzt in die kleine Küche meiner Oma. Sie hatte nie Rezepte aufgeschrieben. Sie kochte einfach „nach Gefühl“, wie sie immer sagte. Eine Handvoll hiervon, ein Schuss davon – und es schmeckte immer perfekt.
Heute, Jahre später, mache ich es fast genauso. Ich greife mir ein Glas Erbsen, ein bisschen Gemüse, ein Stück Butter und eine gute Prise Geduld – und in 20 Minuten steht ein dampfender Teller Suppe auf dem Tisch, cremig, duftend, goldgelb. Manchmal braucht man eben nicht viel, um glücklich zu sein.
Ich erinnere mich, wie meine Oma die Erbsen früher noch selbst eingeweicht hat. Über Nacht im Topf, dann stundenlang gekocht. Das war ihr Ritual. Heute geht das natürlich viel einfacher. Ich nehme ein Glas fertiger Erbsen, und schon spare ich mir die Hälfte der Arbeit. Ein bisschen modern darf Hausmannskost schließlich auch sein, oder?
Ich fange meistens damit an, eine kleine Zwiebel fein zu hacken. Nicht zu grob, sie soll sich später schön in die Suppe schmiegen. Dann kommt ein Stück Karotte dazu, fein gewürfelt, und manchmal – wenn ich sie gerade im Haus habe – auch eine kleine Kartoffel. Das gibt der Suppe ein bisschen mehr Körper, eine samtige Konsistenz, die mich immer an Omas Sonntagsessen erinnert.
In einem großen Topf lasse ich etwas Butter schmelzen. Der Moment, in dem die Butter anfängt zu schäumen und die Zwiebeln hineinkommen – das ist pure Magie. Dieser Duft ist für mich Heimat. Es riecht nach Sonntag, nach Familie, nach Wärme. Wenn die Zwiebeln glasig sind, gebe ich die Karotten und die Kartoffelwürfel dazu. Ich rühre um, lasse alles ein paar Minuten anschwitzen, und die Farben im Topf leuchten – gold, orange, ein bisschen grün.
Dann kommt der wichtigste Teil: die Brühe. Ich nehme meistens Gemüsebrühe, aber manchmal, wenn ich etwas Herzhaftes möchte, auch Hühnerbrühe. Ein Liter davon reicht für etwa vier bis sechs Portionen. Sobald die Brühe im Topf ist, beginne ich, die Erbsen hinzuzugeben. Meistens nehme ich 150 Gramm – das entspricht einem halben Glas.
Sobald das Ganze kocht, schalte ich die Hitze etwas herunter. Jetzt darf es sanft köcheln, etwa zehn Minuten. In dieser Zeit fängt die Küche an, wunderbar zu duften – nach Butter, nach Gemüse, nach Gemütlichkeit.
Während die Suppe leise blubbert, bereite ich den kleinen Trick vor, der sie so cremig macht: ein bisschen Mehl und Sahne. Ich nehme einen Esslöffel Mehl und rühre ihn in etwas kalter Milch glatt, bis keine Klümpchen mehr da sind. Diese Mischung gieße ich dann vorsichtig in die heiße Suppe, immer schön rühren, damit sie seidig bleibt.
Manchmal nehme ich statt Sahne Milch, wenn ich es leichter möchte. Aber ganz ehrlich – ein Schuss Sahne macht die Suppe einfach unwiderstehlich. Dann kommt der Dill. Frisch, wenn es geht, aber auch getrocknet ist völlig in Ordnung. Er gibt diesem Gericht den letzten Schliff, diesen typischen Geschmack, der an die gute alte Zeit erinnert.
Zum Schluss würze ich noch mit Salz, Pfeffer und einem Hauch Kurkuma. Das ist mein Geheimnis: Kurkuma sorgt nicht nur für diese schöne goldgelbe Farbe, sondern verleiht auch einen feinen, warmen Ton, der perfekt zu den Erbsen passt.
Dann, nach etwa zwanzig Minuten, ist sie fertig – meine einfache Erbsensuppe. Ich schöpfe sie in eine große Schüssel, und schon beim ersten Löffel merke ich, wie mich die Wärme durchströmt. Die Nudeln sind weich, aber nicht matschig, die Erbsen zerfallen leicht auf der Zunge, und die Brühe hat diese wunderbare Balance aus Herzhaftigkeit und Sanftheit.
Manchmal esse ich sie pur, manchmal mit einem Stück Brot dazu. Aber ehrlich gesagt – sie braucht gar nichts extra. Sie ist in sich vollkommen.
Ich habe dieses Rezept unzählige Male gekocht. An kalten Wintertagen, an trüben Sonntagen, nach langen Spaziergängen. Und jedes Mal ist es ein Stück kleine Auszeit. Meine Kinder nennen sie inzwischen „Mama-Suppe“. Sie sagen, sie riecht immer nach Zuhause.
Neulich erzählte mir meine Nachbarin, dass sie keine Zeit zum Kochen hat, weil alles so stressig ist. Ich hab ihr dann dieses Rezept gegeben. Zwei Tage später kam sie mit einem Lächeln und sagte: „Ich hab’s probiert – mein Mann hat dreimal nachgenommen!“ Das sind die schönsten Komplimente.
Das Schöne ist, du kannst sie nach deinem Geschmack verändern. Wenn du es etwas deftiger magst, gib ein paar Stücke gekochten Schinken oder Würstchen hinein. Wenn du es vegetarisch willst, lass einfach die Sahne weg und nimm mehr Gemüsebrühe. Oder mach sie vegan mit pflanzlicher Milch – es funktioniert wunderbar.
Ich persönlich liebe die Variante mit etwas frischer Petersilie oben drauf. Sie sieht nicht nur hübsch aus, sondern bringt auch einen frischen Geschmack, der perfekt mit den Erbsen harmoniert.
Wenn du magst, kannst du auch einen Teil der Suppe pürieren, bevor du die Nudeln hineingibst. Dann wird sie besonders cremig. Aber ehrlich gesagt, ich mag sie lieber mit Struktur – wenn man das Gemüse noch erkennt, wenn jeder Löffel anders schmeckt.
Und weißt du, was das Beste ist? Diese Suppe schmeckt am nächsten Tag sogar noch besser. Die Aromen ziehen durch, die Brühe wird dichter, und plötzlich ist sie doppelt so gut. Ich mache daher immer gleich einen großen Topf – es bleibt sowieso nie etwas übrig.
Ich erinnere mich, wie mein Sohn einmal sagte: „Mama, du solltest die Suppe verkaufen.“ Ich lachte, aber im Herzen freute ich mich. Denn was gibt es Schöneres, als wenn die eigene Familie etwas so liebt, das man mit einfachen Zutaten und ein bisschen Liebe gekocht hat?
Dieses Rezept ist eines derjenigen, die nie aus der Mode kommen. Keine komplizierten Zutaten, keine exotischen Gewürze. Nur das, was jeder zu Hause hat: Erbsen, Nudeln, Zwiebeln, Butter, Brühe. Es ist die Einfachheit, die zählt.
Und vielleicht ist das genau das, was die deutsche Küche so besonders macht – sie ist ehrlich. Sie braucht keine großen Gesten, kein Chichi. Nur ehrliche Zutaten, Geduld und Liebe.
Ich koche diese Suppe manchmal sogar im Sommer. Dann lasse ich die Sahne weg, nehme nur Brühe und etwas Zitronensaft, und serviere sie lauwarm mit frischen Kräutern. Es ist erstaunlich, wie wandelbar sie ist.
Neulich hab ich sie meiner Tante serviert, die mit über siebzig Jahren noch sagt, „so ’ne Suppe macht keiner mehr wie früher“. Und nach dem zweiten Löffel sah ich, wie sie still lächelte. Sie sagte: „Doch, du machst sie genauso.“ Das war für mich wie ein Ritterschlag.
Ich glaube, jeder Mensch braucht ein Rezept, das ihn an Zuhause erinnert. Für manche ist es Apfelkuchen, für andere Kartoffelsalat. Für mich ist es diese Erbsensuppe. Sie steht für all das, was ich am Kochen liebe: Wärme, Einfachheit und das Gefühl, dass man mit wenig Aufwand etwas Schönes schaffen kann.
Und jedes Mal, wenn ich das Glas Erbsen in die Hand nehme, denke ich: Oma hätte gelächelt. Sie hätte wahrscheinlich gesagt: „Frische Erbsen sind besser.“ Und ich hätte geantwortet: „Ja, Oma – aber meine Suppe ist in 20 Minuten fertig.“
Und weißt du was? Sie hätte sie trotzdem geliebt.
